§ 374. Erbschaft, Vermächtnis, Auflage. § 375. Nachlaßgericht. 725
I. Als Nachlaßgerichte dienen regelmäßig die Amtsgerichte (R. FG. 72).
Ortlich ist dasjenige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser zur Zeit
seines Todes seinen Wohnsitz oder in Ermanglung eines inländischen Wohnsitzes seinen
Aufenthalt hatte; ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im
Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Amtsgericht seines letzten inländischen
Wohnsines oder in Ermanglung eines solchen Wohnsitzes ein beliebiges von der Justiz-
verwaltung zu bestimmendes Amtsgericht zuständig (R. FG. 73 ff.).
II. Landesgesetzlich können die Verrichtungen des Nachlaßgerichts ganz
oder teilweise einer nicht gerichtlichen Behörde übertragen werden (EG. 147).
Dies ist namentlich in Württemberg (Ausf.Ges. 71 ff.) und Baden (Ges. v.
17. Juni 1899 § 45) geschehn: dort dienen als Nachlaßgerichte besondre
Behörden, die in gleicher Art zusammengesetzt sind wie die Vormundschafts-
behörden; hier sind als Nachlaßgerichte die Notare bestellt. Dagegen hat es
in Preußen, Bayern usw. bei der Zuständigkeit der Amtsgerichte sein Bewenden.
Doch ist für den größten Teil Preußens bestimmt, daß wenigstens gewisse minder
wichtige Obliegenheiten der Nachlaßgerichte — z. B. die Sicherung eines Nachlasses mit
Ausnahme der Anordnung einer Nachlaßpflegschaft — auch den Dorfgerichten, Ortsgerichten
oder Gemeindevorstehern übertragen werden, sowie daß die Vermittlung der Auseinander-
setzung zwischen Miterben auf Antrag vom Amtsgericht an einen Notar abgegeben werden
kann oder abgegeben werden soll (Pr. F. 104 ff., 122, 118, 21fff.).
III. Letztwillige Verfügungen mit Ausschluß der gemeinschaftlichen
Testamente.“
1. Zegriff und Inhalt der letztwilligen Verfügungen.
l 376.
I. Eine große Reihe erbrechtlicher Regeln sind nur unter der Voraus-
setzung anwendbar, daß der Erblasser nicht durch letztwillige Verfügung
ein andres bestimmt hat. Dem gesetzlichen Erbrecht tritt also ergänzend ein auf dem
„letzt willigen“ Belieben des Erblassers beruhendes gewillkürtes Erbrecht zur Seite.
Beispiel. Ein kinderloser unverheirateter Erblasser stirbt und wird von beiden Eltern
und einem Bruder überlebt. Hier bestimmt das Gesetz, daß als seine Erben allein die
Eltern berufen werden, während der Bruder nicht Erbe wird; der Erblasser kann aber diese
gesetzliche Regel „letztwillig“ geradezu umkehren, indem er zu seinem Erben mit Ausschluß
der Eltern allein den Bruder beruft.
II. Für die letztwilligen Verfügungen ist ein dreifaches charakteristisch.
1. Sie können vom Erblasser einseitig getroffen werden: daß sie von einer
Gegenpartei vertragsmäßig angenommen werden, ist zu ihrer Gültigkeit nicht
erforderlich (s. 1937 ff..
1) Eichhorn-Goldmann, Testament, 5. Aufl. (10); Meischeider, die letztwilligen Ver-
fügungen (99); Peiser, Handb. d. Testamentsrechts, 2. Aufl. (07).