Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

726 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts. 
2. Sie sind, solange der Erblasser lebt, frei widerruflich: der Erblasser 
kann sie jederzeit nach Willkür ganz oder teilweise aufheben (1937, 2253). 
3. Sie sind nur „von Todes wegen“ wirksam (1937). Das will besagen, 
daß sie, solange der Erblasser lebt, nicht bloß frei widerruflich, sondern gänz- 
lich wirkungslos sind: sie gewähren also der Partei, zu deren Gunsten sie 
errichtet sind, bis zum Tode des Erblassers nicht einmal ein bedingtes oder 
befristetes Recht an dessen Erbschaft, belassen vielmehr dem Erblasser die Macht, 
mit seinem Vermögen nach Gutdünken zu schalten und zu walten. 
III. 1. Der Inhalt der das Erbrecht regelnden letztwilligen Verfügungen 
ist äußerst mannigfach. Unter anderm kann der Erblasser mittels letztwilliger 
Verfügung (1937 ff., 2048, 2044, 2197) 
a) eine beliebige Person als Erben berufen („Erbeseinsetzung“), 
b) ohne eine solche positive Erbeseinsetzung rein negativ den nächsten ge- 
setzlichen Erben von der Erbfolge ausschließen, so daß an dessen Stelle der 
nächstfolgende gesetzliche Erbe tritt („Enterbung"), 
) den gesetzlichen sowohl wie den willkürlich ausgewählten Erben mit 
Vermächtnissen oder Auflagen beschweren, 
0 die Auseinandersetzung zwischen mehreren Miterben regeln 
e) einen Testamentsvollstrecker ernennen usw. 
2. Dazu kommen letztwillige Verfügungen nicht erbrechtlicher Art: jemand 
kann für den Fall seines Todes letztwillige Anordnungen treffen 
a) über die Gütergemeinschaft, die sein Ehegatte mit den gemeinsamen 
Kindern fortsetzt (1509 ff.), 
b) über die Bevormundung seiner Kinder (1776 usw.), 
) über die Zugehörigkeit der Erbschaft zum Vorbehalts-, zum Sonder- 
oder zum Freigut des Erben (1369, 1440, 1651) usw. 
IV. Die Macht des Erblassers, das Schicksal seiner Erbschaft letztwillig 
zu regeln, ist keine unbegrenzte, sondern unterliegt zahlreichen gesetzlichen Be- 
schränkungen. Besonders wichtig ist, daß die Nachkommen, der Ehegatte und 
die Eltern des Erblassers unter gewissen Voraussetzungen ein Pflichtteils- 
recht haben, d. h. daß sie ohne Rücksicht auf entgegenstehende Verfügungen 
des Erblassers einen Teil der Erbschaft oder eine Leistung daraus, den sog. 
Pflichtteil, für sich beanspruchen können; doch ist das Pflichtteilsrecht kein un- 
bedingtes; vielmehr kann der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten den Pflicht- 
teil wenigstens dann entziehn, wenn der Berechtigte sich gewisser schwerer Ver- 
fehlungen schuldig macht (s. näheres unten 88 440 ff.). 
Beispiel. In dem zu I. genannten Fall ist die letztwillige Verfügung, durch die der 
Erblasser statt der Eltern seinen Bruder als Erben beruft, nur mit der Maßgabe gültig, daß 
der Bruder den Eltern als Pflichtteil den Wert der halben Erbschaft herausgeben muß. Der Erb- 
lasser kann aber den Eltern diesen Pflichtteil entziehn, wenn fie ihm nach dem Leben trachten. 
V. Der Erblasser kann seine Rechtsmacht, letztwillige Verfügungen zu 
errichten, nicht willkürlich preisgeben; insbesondre ist ein Vertrag, durch den
	        
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