8 182. Verfahren vor dem Grundbuchamt. Grundakten. 55
3. Steht einem Antrage ein Hindernis entgegen, das möglicherweise ge-
hoben werden kann, so darf das Grundbuchamt, statt den Antrag abzulehnen,
nach freiem Ermessen eine Frist bestimmen, binnen deren das Hindernis zu
beseitigen ist; gehn während des Laufs dieser Frist andre Anträge ein, die
das nämliche Recht betreffen, so ist, um jenem ersten Antrage den Vorrang zu
wahren, zu dessen Gunsten von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Wider-
spruch einzutragen (RrOrdn. 18).13
Beispiel. A. bewilligt und beantragt als Bevollmächtigter des Hypothekengläubigers B.
die Umschreibung der Hypothek des B. auf C.; das Grundbuchamt beanstandet den Antrag,
well die Vollmacht des B. auf A. nicht beglaubigt sei, und gibt dem A. auf, eine gehörige
Vollmacht binnen 14 Tagen nachzubringen; gleich darauf beantragt ein Gläubiger des B.,
die Pfändung der Hypothek einzutragen. Hier muß das Grundbuchamt letzterem Antrage
stattgeben, hat aber zuvor den etwaigen Anspruch C.s auf Üübertragung der Hypothek vor-
zumerken.
4. Jede Eintragung ist dem Grundstückseigentümer, dem Antragsteller und den sonstigen
Beteiligten von Amts wegen mitzuteilen (Rer rdn. 55; RGes. v. 14. Juli 1905).
VII. Die Eintragungsbewilligungen, Eintragungsanträge und sonstigen Ur-
kunden, die nach den vorstehenden Regeln Voraussetzung einer Eintragung
sind, werden nicht etwa wörtlich im Grundbuch wiedergegeben, da sonst dessen
Ülbersichtlichkeit empfindlich beeinträchtigt werden würde: vielmehr kommt nur
das schließliche juristische Ergebnis aller dieser Urkunden ins Grundbuch, zu
einer möglichst knappen, natürlich vom Grundbuchbeamten zu unterschreibenden
Formel verdichtet (RörOrdn. 45). Die Urkunden selbst aber werden vom
Grundbuchamt als Anhang zum Grundbuch, in Urschrift oder beglaubigter Ab-
schrift, aufbewahrt (Rr Ordn. 9, 94). In Preußen wird zu diesem Zweck für
jedes Grundbuchblatt ein besondres Urkundenbuch gebildet, die sog. Grund-
akten, derart, daß für sämtliche Eintragungen, die auf dem Grundbuchblatt
erfolgen, die zugehörigen Urkunden in diesen Grundakten als Belege zu finden
sein müssen; zweckmäßigerweise wird den Grundakten eine Abschrift des Grund-
buchblatts, die sog. Tabelle, vorgeheftet (s. pr. Gr Min Verf. 34).
VIII. Das Grundbuch und die Grundakten sind öffentlich. Doch ist
die Offentlichkeit keine unbeschränkte, gilt vielmehr nur zugunsten dessen, „der
ein berechtigtes Interesse darlegt" (. REr Ordn. 11, 93, 94). Wann dies
der Fall ist, bestimmt das Grundbuchamt nach freiem Ermessen.
Die Tatsache, daß jemand sich für ein Grundstück „interessiert“, weil er es kaufen will,
genügt jedenfalls erst dann, wenn feststeht, daß auch der Eigentümer zum Verkauf an ihn
bereit ist. Ebenso hat, wer an einem Grundstück eine Hypothek zu erwerben gedenkt, ein
eberechtigtes“ Interesse erst dann, wenn der Eigentümer die Hypothek gewähren oder der
bisherige Gläubiger sie abtreten will oder muß. — Die Offentlichkeit des Grundbuchs besteht
nicht wie die des Vereins= und Handelsregisters darin, daß die Eintragungen in den Zeitungen
bekannt gemacht werden, sondern darin, daß der Berechtigte die Einsicht in das Grundbuch
und die Erteilung von Abschriften fordern darf.
) MNG. 55 S. 340, 60 S. 392, 62 S. 376.