§ 381. Das gewöhnliche Privattestament. § 382. Das notarielle Testament. 735
c) Das gerichtliche und das notarielle Testament.
§ 382.
I. Die Testamentserrichtung kann auch vor einem Amtsgericht oder
einem Notar erfolgen; landesrechtlich kann die Zuständigkeit zur Mitwirkung
bei der Testamentserrichtung entweder auf die Amtsgerichte oder auf die Notare
beschränkt werden (CG. 141); ersteres ist in Lippe, letzteres in Bayern und
Baden geschehn (AusfGes. Lippe 14, Bayern 167 1; bad. Ges. v. 17. Juni
1899 § 35).
1. Bei der Errichtung des Testaments müssen außer dem Richter oder
dem Notar mitwirken (2233, 2244 I, 2245 1)
neben dem Richter ein Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen,
neben dem Notar ein zweiter Notar oder gleichfalls zwei Zeugen;
außerdem muß neben dem Richter oder Notar ein vereidigter Dolmetscher mit-
wirken, falls der Erblasser nach seiner Versicherung der deutschen Sprache nicht
mächtig ist und die mitwirkenden Personen nicht sämtlich versichern, daß sie
ihrerseits die Sprache des Erblassers beherrschen.
Der Richter oder der Notar hat die übrigen Personen, deren Mitwirkung bei der Testa-
mentserrichtung nötig ist, „zuzuziehn". Daß sie zufällig anwesend sind, ist also nicht genügend.
2. Gewisse Personen sind von der Mitwirkung bei der Testaments-
errichtung als Richter, Notare, Gerichtsschreiber, Dolmetscher oder Zeugen
ausgeschlossen (2234—2237, 2244 1, EG. 149 1I), namentlich nahe Verwandte
des Erblassers. Hiervon ist schon im allgemeinen Teil dieses Werks (oben
Bd. 1 S. 227) die Rede gewesen.
Beispiele. I. Der Notar A. pflegt als Zeugen bei allen von ihm errichteten Urkunden
seinen Hausgenossen, den Bäckermeister B., zuzuziehn; nach langen Jahren stellt sich heraus,
daß B. mit der längst verstorbenen Schwester A.3 verheiratet gewesen ist; dem A. sowohl
wie dem B. war ihre Schwägerschaft unbekannt: denn die Schwester A.s war von Adoptiv-
eltern an Kindesstatt angenommen und hatte zu ihren leiblichen Verwandten nicht die ge-
ringsten Beziehungen. Hier ist die Folge, daß sämtliche Testamente, die vor A. errichtet
wurden, der Nichtigkeit verfallen (s. oben Bd. 1 S. 227, 3 a), auch wenn die Erblasser längst
verstorben sind und der Fehler nicht mehr gut gemacht werden kann! II. Ahnlich liegt der
Fall, daß C. in seinem dem Gericht verschlossen übergebenen Testament seiner Haushälterin
D. eine Rente vermacht und einer der vom Notar herbeigerufenen Zeugen zufällig ein Halb-
bruder der D. ist. Hier ist, obschon C. die Beziehungen zwischen der D. und dem Zeugen
nicht kennt und der Zeuge nicht weiß, daß seine Schwester in dem Testament C. bedacht ist,
das Vermächtnis nichtig (s. oben B. 1 S. 227, 2b, 3). III. Der Notar E. wird auf einen
Gutshof gerufen; er findet hier den Gutsbesitzer F. schwer krank vor und hört, daß dieser ein
Testament errichten will, in dem sämtliche Leute auf seinem Hof mit kleinen Zuwendungen
bedacht werden. Hier sind alle anwesenden Personen zur Mitwirkung als Zeugen bei der
Testamentserrichtung relativ unfähig; nur der vom Notar mitgebrachte Schreiber ist fähig;
dieser „soll“ aber gleichfalls als Zeuge nicht zugezogen werden, weil er in des Notars
Diensten steht (s. oben Bd. 1 S. 227, 3b). Der Notar kann sich aber dadurch besfen, daß er
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II.