736 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts.
den F. zwei Testamente machen läßt und zu jedem nur solche Zeugen zuzieht, die in dem
andern Testament bedacht sind.
II. 1. Der Akt der Testamentserrichtung besteht aus zwei Teilen.
a) Den Anfang macht eine in Anwesenheit des Richters oder Notars
und der Hülfspersonen abgegebene Erklärung des Erblassers: sie kann nach
seiner Wahl rein mündlich oder schriftlich-mündlich abgegeben werden; nur
Minderjährige sowie Personen, die Geschriebenes nicht lesen können, sind auf
die rein mündliche Erklärung beschränkt; ist der Erblasser nach der Überzeugung
des Richters oder Notars stumm oder am Sprechen behindert, so muß er sich
rein schriftlich erklären (2238, 2243).
a) Rein mündliche Erklärung: der Erblasser tut dem Richter oder Notar
mündlich den Inhalt seiner letztwilligen Verfügungen kund (2238 1).
6) Schriftlich-mündliche Erklärung: der Erblasser überreicht dem Richter
oder Notar ein Schriftstück und erklärt dabei mündlich, daß sein letzter Wille
darin enthalten sei (2238 I). Das Schriftstück ist formlos, braucht also vom
Erblasser nicht eigenhändig unterschrieben, geschweige denn geschrieben zu sein;
auch die Angabe von Ort und Datum kann fehlen. Der Inhalt des Schrift-
stücks wird nicht verlautbart; oft wird das Schriftstück sogar verschlossen
überreicht und erst nach dem Tode des Erblassers eröffnet.
9) Rein schriftliche Erklärung: der Vorgang ist hier ebenso wie zu 8;
nur wird die Erklärung, daß in dem Schriftstück des Erblassers letzter Wille
stehe, vom Erblasser nicht mündlich, sondern eigenhändig schriftlich abgegeben,
sei es im Testamentsprotokoll, sei es auf besonderm Bogen (2243).
b) Den Abschluß macht die Aufnahme eines Testamentsprotokolls nach
den Regeln, die für die Errichtung gerichtlicher und notarieller Urkunden im
allgemeinen gelten (2240—2245; s. oben Bd. 1 S. 222 ff.).
2. Die Erklärungen des Erblassers und die Aufnahme des Testaments-
protokolls sind für die Gültigkeit des gerichtlichen oder notariellen Testaments
gleich wesentlich; demnach müssen sämtliche mitwirkende Personen nicht bloß
während der Erklärungen des Erblassers, sondern auch während der Proto-
kollierung anwesend sein (2239); und wenn der Erblasser stirbt, ehe die Zeugen
das Protokoll unterschrieben haben, ist das ganze Testament hinfällig.7
III. Hat der Erblasser das Testament vor Gericht schriftlich-mündlich errichtet und dabei
die Vorsicht beobachtet, das von ihm überreichte Schriftstück mit Angabe von Zeit und Ort zu
versehn und eigenhändig zu schreiben und zu unterschreiben, so kann, wenn eine der Form-
vorschriften verletzt ist, die für die Testamentserrichtung vor Gericht wesentlich sind, das
Testament trotzdem als Privattestament gültig sein. Denn es ist nicht anzunehmen, daß
der Erblasser jenes Schriftstück lediglich als Entwurf betrachtet hat, der erst mit der Testa-
mentserrichtung vor Gericht wirksam werden sollte. Vielmehr wollte er durch die Form der
Testamentserrichtung vor Gericht wohl nur das schon als Privaturkunde gültige Testament
gegen die Gefahr der Fälschung sichern.?
1) Staudinger-Herzfelder Anm. IV zu § 2242.
2) Planck-Strecker Anm. 3 zu 2235.