56 Buch III. Abschnitt 1. Das Sachenrecht im allgemeinen.
Daraus, daß die Grundakten öffentlich sind, folgt selbstverständlich noch nicht, daß ihnen
auch öffentlicher Glaube zukommt. Dies ist vielmehr nur insoweit der Fall, als das Grund-
buch ausdrücklich auf die Grundakten Bezug nimmt (s. oben S. 47, 2).
IX. Die vorstehenden Regeln über das Verfahren in Grundbuchsachen
haben es nur mit der formellen Zulässigkeit, nicht aber mit der dinglichen
Wirksamkeit der Eintragungen zu tun: sie sind lediglich Ordnungsvorschriften.
Demnach kann es geschehn, daß bei einer Eintragung die Vorschriften
über das Verfahren in Grundbuchsachen aufs gröblichste verletzt sind und
die Eintragung trotzdem vollgültig ist und auch im Wege einer Grundbuch-
berichtigung nicht rückgängig gemacht werden kann. Ebenso ist aber auch das
Umgekehrte möglich: obschon bei einer Eintragung die Vorschriften über das
Verfahren in Grundbuchsachen auf das peinlichste beobachtet sind, kann die
Eintragung ungültig sein und darf im Wege der Grundbuchberichtigung wieder
beseitigt werden.
Beispiele. I. A. bewilligt in notarieller Urkunde die Eintragung zweier Hypotheken auf
seinem Hause, die eine zugunsten des B., die andre zugunsten des C.; mit B. hat er zu-
vor einen dinglichen Vertrag geschlossen, während er mit C. sich noch nicht geeinigt hat;
trotzdem reicht er die Urkunde beim Grundbuchamt mit dem Antrage ein, die Hypothek des
C. einzutragen, während er wegen der Hypothek des B. einen Eintragungsantrag noch nicht
stellt; das Grundbuchamt übersieht letzteres und trägt alle beide Hypotheken ein. Hier ist
die Eintragung der Hypothek des B. ordnungswidrig, aber gültig, die Eintragung der
Hypothek des C. ordnungsmäßig, aber ungültig. II. Siehe den Fall II, 2 oben S. 44.
IV. Die allgemeinen Lehren des Sachenrechts der Fahrnis.!
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I. 1. Eine ähnliche Bedeutung wie im Sachenrecht der Grundstücke die
Eintragung im Grundbuch hat im Fahrnissachenrecht der Besitz.
a) Wie es im Sachenrecht der Grundstücke Rechtsänderungen gibt, die
eintragungsbedürftig sind, d. h. die nur dann zustande kommen, wenn der
neue Rechtszustand mit den Angaben des Grundbuchs in Einklang steht, so
gibt es im Fahrnissachenrecht Rechtsänderungen, die nur dann eintreten, wenn
der neue Rechtszustand dem Besitzstande der von der Anderung betroffenen
Sache entspricht.
Beispiel. I. A. will ein im Grundbuch auf seinen Namen eingetragenes Haus und
ein in seinem Eigenbesitz befindliches Pferd dem B. übereignen. Hier muß A. das Haus
im Grundbuch auf B.s Namen umschreiben lassen, das Pferd aber in den Eigenbesitz des
B. bringen (925, 929—931). II. Will A. das Haus und das Pferd einfach preisgeben, so
muß er die Preisgabe des Hauses im Grundbuch eintragen lassen, die des Pferdes aber da-
durch zum Ausdruck dringen, daß er den Besitz des Pferdes aufgibt (928 1, 959).
b) Wie im Sachenrecht der Grundstücke die Tatsache, daß ein bestimmtes
Buchrecht im Grundbuch eingetragen steht, als Anzeichen dafür gilt, daß dies
1) Buhl, Recht der beweglichen Sachen (01).