Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

740 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts. 
dem Amtsgewahrsam verlangen; ist das Testament vor Gericht, Notar oder 
Gemeindevorsteher errichtet, so wird es durch die Rückgabe ungültig; dagegen 
wird die Gültigkeit des eigenhändigen Privattestaments sowie des See= und 
Militärtestaments durch die Rückgabe nicht berührt (2256). 
7. Aushebung und Abänderung letztwilliger Verfügungen. 
8 386. 
J. Der Erblasser ist, wie wir wissen, zu jeder Zeit berechtigt, seine letzt- 
willigen Verfügungen nach Willkür zu widerrufen. 
1. a) Der Widerruf geschieht regelmäßig durch Errichtung eines Wider- 
rufstestaments (2254). Auf diese kommen die gleichen Regeln zur Anwendung 
wie auf die Errichtung jedes andern Testaments; eine Besonderheit gilt nur, 
wie schon erwähnt, für die Testierfähigkeit des Erblassers (s. oben S. 728 1, 2). 
b) Selbstverständlich kann auch das Widerrufstestament widerrufen werden; 
geschieht dies, so treten die von dem ersten Widerruf betroffenen Verfügungen 
von neuem in Kraft (2257). 
Entmündigte Erblasser sind zum Widerruf des Widerrufstestaments nur befähigt, wenn 
letzteres vor ihrer Entmündigung errichtet ist (2253 II); ein Widerruf vor der Entmündigung 
ist also widerruflich,! ein Widerruf nach der Entmündigung ist unwiderruflich! 
2. a) Der Widerruf kann aber auch in andrer Art als durch ein Wider- 
rufstestament erklärt werden, falls der Erblasser die Testamentsurkunde, die 
die zu widerrufende Verfügung verbrieft, in Händen hat — wichtig namentlich 
bei allen Arten der Privattestamente und beim Militärtestament. Es genügt 
hier nämlich, wenn der Erblasser in Widerrufsabsicht jene Urkunde vernichtet 
oder in einer Weise verändert, in der „der Wille, eine schriftliche Willens- 
erklärung aufzuheben, ausgedrückt zu werden pflegt“, also namentlich, wenn er 
die Urkunde verbrennt oder sie durchstreicht; dafür, daß ein Erblasser, der die 
Testamentsurkunde in dieser Art vernichtet oder verändert, solches in Wider- 
rufsabsicht getan hat, streitet die Vermutung (2255).2 Vorausgesetzt ist, daß 
der Erblasser zur Zeit des Widerrufs wenigstens negativ testierfähig war 
(2253 11). 
Daß der Erblasser die Testamentsurkunde wegwirft, ist keine „Veränderung“ der Ur- 
kunde, enthält also keinen gültigen Widerruf. Anders, wenn er die Urkunde beim Weg- 
werfen absichtlich zerknittert. — Der Erblasser kann die Vernichtung oder Veränderung der 
Urkunde auch durch einen Vertreter besorgen lassen, natürlich mit der Maßgabe, daß das 
Testament nicht schon kraftlos wird, wenn die Vernichtung vom Erblasser angeordnet, sondern 
erst dann, wenn sie vom Vertreter ausgeführt wird. Daraus ist zu folgern, daß ein 
Testament auch durch die Vernichtung seitens eines Unbefugten kraftlos wird, wenn der 
Erblasser sie nachträglich formlos genehmigt.= 
1) Planck-Strecker Anm. 4 zu § 2253. Aw. Strohal § 42 s. 
2) RG. 69 S. 414. 
3) Abw. Wilke Anm. 3 zu 2255; Planck-Strecker Anm. 3 zu § 2255.
	        
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