§ 386. Widerruf von Testamenten. 741
b) Ein Widerruf des Widerrufs, etwa eine Ausradierung der Durch-
streichung, ist in diesem Fall nicht zulässig.
3. a) Dem Widerruf gleichgestellt ist der Fall, daß der Erblasser, der
ein Testament vor Gericht, Notar oder Gemeindevorsteher errichtet hat, die in
amtliche Verwahrung genommene Testamentsurkunde aus dem Amtsgewahrsam
persönlich zurückerhält (2256; s. oben S. 739 II). Ob der Erblasser die Urkunde
in Widerrufsabsicht zurückgenommen hat, ist unerheblich; das Testament wird also
auch dann kraftlos, wenn der Erblasser nicht wußte, daß es durch die Rück-
nahme ungültig wurde. Wohl aber ist vorausgesetzt, daß der Erblasser bei
der Rücknahme wenigstens negativ testierfähig war.
Beispiel. A. hat ein eigenhändig geschriebenes Testament errichtet; später übergibt er
die fertige Testamentsurkunde in den Formen notarieller Testamentserrichtung einem Notar,
der sie an das Amtsgericht zur Verwahrung abliefert; einige Zeit darauf läßt A. sich die
Urkunde zurückgeben, um sie nochmals durchzulesen. Hier ist das Testament, da es ja
aus einem Privattestament in ein notarielles Testament verwandelt ist, aufgehoben.“
b) Ein Widerruf des Widerrufs, etwa durch Rückgabe des Testaments in
den amtlichen Gewahrsam, ist unzulässig.
II. Von dem Widerruf einer letztwilligen Verfügung zu unterscheiden ist
die Aufhebung einer letztwilligen Verfügung durch neues Testament (2258).
1. a) Der Hauptunterschied zwischen „Widerruf“ und „Aufhebung durch
neues Testament“ ist, daß ersterer rein negativ wirkt, während letztere mit
neuen positiven Anordnungen des Erblassers verbunden sein kann. Insbesondre
kann eine positive Abänderung letztwilliger Verfügungen niemals durch Wider-
ruf, sondern bloß durch neues Testament bewerkstelligt werden.
b) Die Aufhebung letztwilliger Verfügungen durch neues Testament setzt
voraus, daß der Erblasser positiv testierfähig ist (s. oben S. 728).
c) Die Aushebung letztwilliger Verfügungen durch neues Testament kann
nur in den Formen der gewöhnlichen Testamentserrichtung geschehn.“
4) Die Aufhebung letztwilliger Verfügungen durch neues Testament er-
folgt ohne Rücksicht auf die besondern Absichten des Erblassers: sobald ein
Erblasser mehrere Testamente hintereinander errichtet, wird das ältere Testa-
ment durch das jüngere insoweit aufgehoben, als es diesem widerspricht, auch
wenn der Erblasser sich des Widerspruchs gar nicht bewußt gewesen ist; um-
gekehrt bleibt das alte Testament insoweit gültig, als sein Inhalt mit dem des
neuen Testaments verträglich ist, auch wenn der Erblasser der Meinung war,
sein neues Testament hebe das alte ganz auf (2258 1).
Beispiele s. zu 2.
2. Wird das neue Testament widerrusen, so tritt das alte Testament in
seiner unveränderten Gestalt von selbst wieder in Kraft, ohne daß es einer
Bestätigung seiner Bestimmungen von seiten des Erblassers bedürfte (2258 1I).
4) Abw. Strohal § 42 1.. 5) Siehe RG. 71 S. 303.