746 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts.
vertrag mit einem andern Vertrage, namentlich mit einem Ehevertrage, in einer
Urkunde vereinigt, so wird er in amtliche Verwahrung nur genommen, wenn
die Parteien es besonders verlangen (2277).
VII. 1. a) Zur Aufhebung einer durch Erbvertrag getroffenen Ver-
fügung bedarf der Erblasser regelmäßig der Zustimmung der Gegenpartei;
und zwar ist das Zustimmungsrecht der Gegenpartei unvererblich: die Zu-
stimmung kann also nur von der Gegenpartei selbst oder ihren Vertretern,
nicht aber von ihren Erben erklärt werden (2290 I Satz 2, 2292).
Beispiele. I. Der alte Junggesell A. hat die beiden Töchter eines verstorbenen
Freundes, B. und C., in sein Haus ausgenommen und läßt sich von ihnen pflegen; die B.
war so vorsichtig, sich, ehe sie der Einladung A.s folgte, von ihm ein Vermächtnis durch
Erbvertrag sichern zu lassen; dagegen hat die C. sich damit begnügt, daß A. ihr ein
Vermächtnis durch Testament aussetzte; eines Tages entdeckt A., daß die Mädchen des Sonn-
tags in die Messe laufen, und ist als Freigeist darüber so entrüstet, daß er ihnen die Tür
weist und trotz ihres lebhaften Widerspruchs seine Vermächtnisse widerruft. Hier ist der
Widerruf gegenüber der B. ungültig, gegenüber der C. gültig. II. Siehe das Beispiel zu b.
Die Aufhebung unter Zustimmung der Gegenpartei kann in dreifacher Form geschehn,
nämlich entweder durch einen Aufhebungsvertrag zwischen Erblasser und Gegenpartei in den
Formen des Erbvertrages oder durch eine einseitige letztwillige Verfügung des Erblassers
und eine gleichfalls einseitige gerichtlich oder notariell beurkundete Zustimmungserklärung
der Gegenpartei oder endlich durch ein gemeinschaftliches Testament von Erblasser und Gegen-
partei. Doch ist von diesen drei Formen nur die erste allgemein anwendbar; dagegen ist
die zweite auf den Fall beschränkt, daß die Anordnung eines Vermächtnisses oder einer
Auflage aufgehoben werden soll, während sie für die Aufhebung einer Erbeseinsetzung nicht
genügt; die dritte Form endlich ist nur zulässig, wenn Erblasser und Gegenpartei bereits
bei Abschluß des Ehevertrages Ehegatten waren und auch jetzt noch Ehegatten sind (2290 I,
IV, 2291, 2292).
Die aufhebende Verfügung muß durch den Erblasser persönlich geschehn; ist er beschränkt
geschäftsfähig, so bedarf er der Zustimmung seines Gewalthabers nicht (2290 II). Dagegen
kann die Gegenpartei bei Erteilung der Einwilligung vertreten werden; ist sie geschäftsun-
fähig oder beschränkt geschäftsfähig, so muß statt ihrer oder neben ihr ihr Gewalthaber und
unter Umständen auch das Vormundschaftsgericht einwilligen (s. 2290 III, 2291 1 Satz 2, 2292).
b) Ist die aufzuhebende Verfügung zugunsten eines Dritten getroffen, so
bedarf es dessen Zustimmung nicht: über seinen Kopf weg können Erblasser
und Gegenpartei die für ihn vertragsmäßig bedungene Zuwendung rückgängig
machen; erst wenn die Gegenpartei stirbt, erlangt auch der Dritte ein eignes
Recht auf die Aufrechterhaltung des Erbvertrages: der Erblasser kann also
den Erbvertrag fortab nur ändern, wenn der Dritte durch Verzichtvertrag
darein willigt (2352).4
Beispiel. A. hat in einem mit seiner Ehefrau B. abgeschlossenen Erbvertrage einem
Pflegesohn der B., C., eine Geldrente vermacht. Hier kann A. dies Vermächtnis mit Zu-
stimmung der B. als der Vertragsgegnerin jederzeit aufheben, ohne daß etwa C. als Ver-
mächtnisnehmer ein Widerspruchsrecht hätte; dagegen bedarf, wenn die B. gestorben und zum
Teil von A., zum Teil von ihrem Vater D. beerbt ist, der Widerruf nur der Zustimmung
des Vermächtnisnehmers C., ohne daß etwa dem D. als Miterben der Vertragsgegnerin B.
ein Widerspruchsrecht zustände.
2. Ohne Zustimmung der Gegenpartei oder des Dritten ist die Aufhebung
4) Schiffner, Jahrb. f. Dogm. 40 S. 98.