Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 390. Schenkungen auf den Todesfall. § 391. Bisheriges Recht. 753 
Sie unterliegen dem gewöhnlichen Schenkungsrecht auch dann, wenn der 
Schenker sie noch nicht erfüllt hat. 
Beispiel. A. schenkt seiner Schwester B. sein Haus und später auch sein ganzes 
Mobiliar; beide Schenkungen sollen erst nach dem Tode A.#s erfüllt werden; bei der letzteren 
Schenkung ist die Bedingung zugefügt, daß die B. ihren Bruder überlebt. Hier kommt auf 
die erste Schenkung Schenkungsrecht, auf die zweite Erbrecht zur Anwendung. Demgemäß 
ist bei ersterer Schenkung dem A. der Rücktritt wegen jeden groben Undanks, nicht aber 
auch wegen unsittlichen Lebenswandels der B. gestattet, während bei letzterer das Gegenteil gilt. 
Anhang. Rüchblick auf das bisherige Recht. 
g 3091. 
I. Die allgemeinen erbrechtlichen Regeln des bisherigen Rechts wie des 
neuen Reichsrechts beruhn teils auf römischer, teils auf deutscher Grundlage. 
1. Römisch ist der Satz, daß die „Erben“ als Gesamtrechtsnachfolger des 
Erblassers dessen Erbschaft notwendig als Ganzes erwerben; denn das alt- 
deutsche Recht löste häufig die Erbschaft in einzelne Massen auf und wies bei 
Mehrheit der Erben jedem von ihnen nur eine dieser Massen zu. Ebenso ist 
römisch das Recht der letztwilligen Verfügungen; allerdings sind letztwillige 
Verfügungen in Deutschland bereits lange vor der Rezeption anerkannt; doch 
ist dies wenigstens mittelbar auf römische Rechtsanschauungen zurückzuführen.n: 
2. Deutschen Ursprungs sind die Erbverträge; den Römern unbekannt, 
sind sie allein im germanischen Rechtsleben entwickelt; erst in der Rezeptionszeit 
sind sie den Testamenten angenähert und dadurch romanisiert worden.? 
II. 1. Die Testierfähigkeit Minderjähriger begann nach bisherigem Recht 
meist mit dem 14., im bisherigen gemeinen Recht bei Mädchen sogar mit dem 
12. Lebensjahr. Dagegen galt das 16. Lebensjahr als Anfang der Testier- 
fähigkeit im französischen Recht, jedoch so, daß ein Minderjähriger vom 
16. Lebensjahr ab nur über sein halbes Vermögen testieren konnte.3 In Ham- 
burg war den Minderjährigen die Testierfähigkeit ganz abgesprochen.“ 
Auch bezüglich der Testierfähigkeit entmündigter Volljähriger war das bisherige Recht 
sehr zersplittert. Beispielsweise waren entmündigte Verschwender voll testierfähig nach 
französischem, testierfähig für die Hälfte ihres Nachlasses nach preußischem, nur negativ 
testierfähig nach sächsischem, gar nicht testierfähig nach bisherigem gemeinem Recht. 
2. Nach bisherigem gemeinem Recht konnte für den Fall, daß ein Kind 
in väterlicher Gewalt stand und vor Erlangung der Testierfähigkeit starb, der 
Vater für das Kind ein Testament errichten („Pupillarsubstitution"); ein ähn- 
1) Stobbe 5 §8§ 278, 298 ff.; Hübner S. 732. 
2) Stobbe 5 § 310; Hübner S. 727. 
3) Pr. LR. I, 12 § 16; sächs. GB. 2066; Dernb. 3 § 67 11; c. c. 903, 904. 
4) Mot. 5 S. 248. 
5) C. c. 513; pr. LR. I, 12 § 27 ff.; sächs. GB. 2072, 2210; Dernb. 3 § 67 . 
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