§ 391. Bisheriges Recht. Kollisionsnormen. 755
5. Erbverträge waren nach allen bisherigen Rechten unbeschränkt zu-
gelassen; nur im französischen Recht waren sie bloß in Verbindung mit Ehe-
verträgen unter Verlobten statthaft.1! Im bisherigen gemeinen Recht konnte
ihre Errichtung formlos (D erfolgen.7
Nach preußischem Recht war es dem Erblasser auch nach Errichtung des Erbvertrages
gestattet, seine Erbschaft bis zum zwanzigsten Teil ihres Werts mit Vermächtnissen zu be-
schweren; vergeudete der Erblasser sein Vermögen, so konnte der Vertragserbe seine Ent-
mündigung beantragen und ihn damit schon bei Lebzeiten in der Verfügung über sein Ver-
mögen aufs äußerste beschränken. 15
Zusatz zu Abschnitt I.
I. Kollisionsnormen.
1. Hauptregel: maßgebend ist das Erbrecht des Staats, dem der Erblasser zur Zeit
seines Todes angehörte, ohne Rücksicht darauf, ob er zu diesem Zeitpunkt in einem andern
Staat seinen Wohnsitz hatte, ob sein Nachlaß sich in einem andern Staat befindet und ob
seine Erben einem andern Staat angehörig sind (s. EG. 24 I, 25 Satz 1).
2. Diese Hauptregel erleidet aber abgesehn von den Ausnahmen, die sich schon aus
den allgemeinen Regeln des internationalen deutschen Privatrechts, insbesondre aus der
Rückverweisungsklausel! (EG. 27; oben Bd. 1 S. 46) ergeben, eine Reihe von Sonder-
ausnahmen.
a) Bestimmt ein Auslandsstaat, daß in Ansehung der in seinem Gebiet befindlichen
Nachlaßgegenstände? sein eignes Erbrecht maßgebend sei, auch wenn der Erblasser einem
andern Staat angehört oder dort seinen Wohnsitz hat, so ist diese Vorschrift auch für die
deutsche Rechtsanwendung maßgebend (EG. 28). Beispiel: wenn ein Deutscher beerbt wird,
der in Deutschland wohnt, aber in Bristol ein Haus besitzt, gilt für das Erbrecht in An-
sehung dieses Hauses englisches Recht.
b) Hat ein Deutscher zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Auslande gehabt, so
können die Erben sich in Ansehung der Haftung für die Nachlaßschulden nach ihrer Wahl
auch auf die am Wohnsitz des Erblassers geltenden Gesetze berufen (EG. 24 II). Beispiel:
ein Deutscher mit französischem Wohnsitz wird von Deutschen mit deutschem Wohnsitz beerbt;
hier haften die Erben, wenn sie wollen, für die Nachlaßschulden nicht nach BGB. 2058 als
Gesamt-, sondern nach c. c. 873 als Teilschuldner.
4) Hat ein Ausländer zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz in Deutschland gehabt
und erheben deutsche Staatsangehörige erbrechtliche Ansprüche gegenüber seinem Nachlaß,
z. B. als Erben, als Vermächtnisnehmer, als Pflichtteilsberechtigte, so können sie diese An-
sprüche nach ihrer Wahl auch auf deutsches Recht gründen, es sei denn, daß der Heimats-
staat des Erblassers in dem umgekehrten Fall der Beerbung eines in seinem Gebiet wohnen-
den Deutschen ausschließlich die deutschen Gesetze für maßgebend erklärt (EG. 25 Satz 29.3
Beispiel: die Tochter einer deutschen Witwe hat einen Franzosen geheiratet, ist nach dessen
Tode nach Deutschland zurückgekehrt und errichtet nun ein Testament, indem sie einen Ver-
wandten ihres Mannes als Erben beruft; hier kann, wenn sie keine Nachkommen hinterläßt,
ihre Mutter als Pflichtteil die Hälfte des Nachlasses fordern (2303), während sie nach fran-
zösischem Recht (c. c. 915) als Pflichtteil nur ¼ beanspruchen könnte.
II. übergangsvorschriften.
1. Ist der Erblasser vor dem 1. Januar 1900 gestorben, so ist ausschließlich das
bisherige Recht anzuwenden, auch wenn es sich um erbrechtliche Vorgänge handelt, die sich
erst nach jenem Termin abspielen (EG. 213).— Beispiel. Das Testament eines im Dezember
16) Dernb. 3 § 126; pr. LR. I, 12 §§ 617 ff.; sächs. G. 2542; c. c. 893, 895, 1082.
17) RG. 8 S. 134.
18) Pr. LR. I, 12 8§§ 628, 626.
1) RG. 63 S. 357. 2) Vgl. RG. 63 S. 357.
3) RG. 63 S. 360.