756 Buch VIII. Abschnitt 1. Allgemeine Grundsätze des Erbrechts.
1899 gestorbenen Erblassers wird im Jahr 1900 verkündet und im Jahr 1901 angefochten;
einer der Erben schlägt die Erbschaft im Jahr 1905 aus; ein andrer Erbe stirbt im
Jahr 1950, und es folgen ihm zwei auf den Fall seines Todes berufene Nacherben; im
Jahr 1980 setzen die beiden Nacherben sich wegen der Erbschaft auseinander usw.: hier gilt
für alle diese Vorgänge bis in das Jahr 1980 hinein das bisherige Erbrecht.
2. Ist der Erblasser im Jahr 1900 oder später gestorben, so kommt grundsätzlich das
neue Recht zur Anwendung.“ Doch gelten mehrere wichtige Ausnahmen.
a) Hat der Erblasser vor dem 1. Januar 1900 eine Verfügung von Todes wegen
errichtet oder aufgehoben, so wird die Errichtung und die Aufhebung und, wenn ein gemein-
schaftliches Testament 5 oder ein Erbvertrag vorliegt, auch die Bindung des Erblassers an
diese Verfügung nach bisherigem Recht beurteilt (EG. 214). Hierher gehört z. B. die Frage,
ob Testament und Erbvertrag in der rechten Form errichtet sind, ob der Erblasser bei der
Errichtung testierfähig war, welchen Einfluß ein Irrtum des Erblassers bei der Testaments-
errichtung auf die Gültigkeit des Testaments hat, inwieweit der Erblasser nach Abschluß des
Erbvertrages Vermächtnisse anordnen kann u. dgl. Im übrigen richtet sich dagegen die
Wirkung von Testament und Erbvertrag nach neuem Recht, z. B. was die Gültigkeit einer
Erbeseinsetzung unter auflösender Bedingung, die Zuständigkeit eines Testamentsvollstreckers,
die rein obligatorische Wirksamkeit der Vermächtnisse angeht.
b) Ist vor dem 1. Januar 1900 ein Erbverzichtvertrag errichtet oder aufgehoben, so
wird nicht bloß die Errichtung und Aufhebung, sondern auch die Wirkung des Vertrages
nach bisherigem Recht beurteilt (EG. 217).
c) Hat der Erblasser vor dem 1. Januar 1900 geheiratet, so richtet sich seine Beerbung
insoweit nach bisherigem Recht, als letzteres die Beerbung eines Ehegatten nicht ausschließ-
lich nach erbrechtlichen Gesichtspunkten ordnet, sondern bei seinen Regeln zugleich auf das
zwischen den Gatten bestehende eheliche Güterrecht Rücksicht nimmt („erbrechtliche Wirkungen
des Güterstandes“, EmG. 200 1).
a) Diese Voraussetzung trifft im Gebiet des märkischen Rechts, in Nassau, in Teilen
von Pommern, Schleswig-Holstein, Hannover, im größten Teil Bayerns und Darmstadts,
in Württemberg, in Bremen usw. zu. Demnach behält hier der überlebende Ehegatte alle
Rechte gegenüber der Hinterlassenschaft des verstorbenen Gatten, die ihm nach den bis-
herigen Gesetzen zustanden. Doch wird ihm in vielen Gebieten gestattet, innerhalb der Aus-
schlagungsfrist auf die Anwendung der bisherigen Gesetze zu verzichten und statt dessen die
Erbfolge nach neuem Recht zu wählen; in Preußen ist diese Wahlerklärung in öffentlich be-
glaubigter Form gegenüber dem Nachlaßgericht abzugeben (Pr. AussGes. 46 88 2, 3;
50 §§ 2, 3; 51 §§ 4, 6; 52 §8 2, 5; 53 § 6; 54 § 4; 55 § 3; Bayr. Ges. v. 9. 6. 99
§§ 68, 69, 70, 84 usw.;: Württemb. AusfGes. 262; Hess.-Darmst. AusfGes. 178, 179, 192 usw.;
Brem. Ges. v. 18. 7. 99 88§ 9, 10).
5) In andern Rechtsgebieten war die Beerbung eines Ehegatten von dem ehelichen
Güterrecht unabhängig geregelt, richtet sich hier also vom 1. Januar 1900 ab sofort nach
neuem Recht. Dies ist namentlich der Fall in dem Gebiet der Verwaltungsgemeinschaft und
der allgemeinen Gütergemeinschaft des preußischen Landrechts, in der Provinz Westfalen, in
dem französisch-rechtlichen Teil der Rheinprovinz, im Königreich Sachsen, in Baden usw.
4) RG. 54 S. 242, 59 S. 83.
5) RG. 62 S. 13, 63 S. 120.