Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

768 Buch VIII. Abschnitt 2. Die Berufung zur Erbschaft. 
Erblasser einen oder mehrere Erben eigner Wahl beruft. Diese Berufung heißt 
Erbeseinsetzung. 
I. Die Erbeseinsetzung geschieht durch letztwillige Verfügung des Erblassers 
oder durch Erbvertrag (1937, 1941). Demnach sind die eingesetzten Erben 
entweder Testaments= oder Vertragserben. 
II. Die Erbeseinsetzung braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen. Vielmehr 
ist eine Zuwendung, mit der ein Erblasser jemanden durch Testament oder 
Erbvertrag bedenkt, regelmäßig als Erbeseinsetzung anzusehn, sobald erkennbar 
ist, daß der Erblasser dem Bedachten die Erbschaft als Ganzes (oder einen 
Anteil an der Erbschaft als Ganzem) zudenkt oder, anders ausgedrückt, sobald 
erkennbar ist, daß der Erblasser dem Bedachten sämtliche zur Erbschaft gehörige 
Stücke, die nicht besonders ausgenommen sind, (oder einen Anteil an allen 
diesen Stücken) zuweist; ob bei dieser Zuwendung die Worte „Erbe“, „Erb- 
schaft“", „Einsetzung“ gebraucht werden, ist unerheblich. Umgekehrt liegt der 
Regel nach eine Erbeseinsetzung nicht vor, wenn der Erblasser den von ihm 
Bedachten auf einzelne Gegenstände beschränken will, mag er ihn auch dabei 
ausdrücklich als „Erben“ bezeichnen; eine derartige Zuwendung ist vielmehr 
fast immer als Vermächtnis anzusehn (s. 2087). 
Beispiele. I. A. bestimmt in seinem Testament: meine Schwester B. soll mein Haus 
erben, das einst unsern Eltern gehört hat: den Rest meines Vermögens vermache ich meinem 
Adoptivsohn C. Hier ist C. Erbe; die B. ist dagegen bloße Vermächtnisnehmerin. II. D. 
testiert: dem E. vermache ich mein unbewegliches, dem F. mein bewegliches Vermögen. Hier 
sind sowohl E. wie F. Erben D.s.!1 III. G. verordnet: meine einzige Erbin soll meine 
Schwester sein; doch soll sie meinen ganzen Nachlaß mit Ausnahme der Wertpapiere als 
Vermächtnis an meine treue Wirtschafterin und Pflegerin H. herausgeben. Hier liegt einer 
der Ausnahmefälle vor, in denen der Erblasser — wozu er zweifellos befugt ist — das 
natürliche Verhältnis von Erbeseinsetzung und Vermächtnis auf den Kopf stellt; denn das 
Wort „herausgeben“ zeigt, daß G. die Worte „Erben“ und „Vermächtnis“ nicht, wie im 
Fall I. irrtümlich vertauscht, sondern mit Verständnis angewendet hat; die Schwester ist also 
Erbin, die Wirtschafterin Vermächtnisnehmerin. 
III. Die Erbeseinsetzung kann von einer aufschiebenden oder auflösenden 
Bedingung abhängig gemacht werden. Ebenso kann sie aufschiebend oder auf- 
lösend befristet, d. h. erst von einem bestimmten Anfangstermin oder nur bis 
zu einem bestimmten Endtermin wirksam sein.? 
1. a) Hat der Erblasser einen Erben unter einer aufschiebenden Be- 
dingung eingesetzt, so erhält, wenn die Bedingung zur Zeit des Erbfalls noch 
nicht eingetreten ist, der bedingt eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht sofort. 
Ebensowenig bleibt aber die Erbschaft bis zur Entscheidung über den Eintritt 
der Bedingung erblos; vielmehr fällt sie zunächst an einen Vorerben. Tritt 
die Bedingung nachträglich ein, so erlischt das Erbrecht des Vorerben, und die 
Erbschaft geht nunmehr (ohne rückwirkende Kraft) auf den bedingt eingesetzten 
Erben als den Nacherben über: Vorerbe und Nacherbe folgen also zeitlich 
1) Das Beispiel II samt Entscheidung ist entlehnt Dernb., Pr. Pr R. 3 8 128“. 
2) Hachenburg, Studien zum Erbrecht (96).
	        
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