Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 399. Bedingte u. befristete Erbeseinsetzung, Vor- und Nacherbe. 769 
aufeinander (2105, 2139); stellt sich umgekehrt heraus, daß der Eintritt der 
Bedingung ausgeschlossen ist, so behält der Vorerbe die Erbschaft endgültig. 
Genau das Gegenteil gilt, wenn der Erbe unter einer auflösenden Bedingung 
eingesetzt ist: hier erhält er also die Erbschaft sofort und ist somit seinerseits 
Vorerbe; tritt die Bedingung nachträglich ein, so erlischt sein Erbrecht, und 
die Erbschaft geht auf irgendeinen Nacherben über (2104, 2139); stellt sich 
umgekehrt heraus, daß der Eintritt der Bedingung ausgeschlossen ist, so behält 
er die Erbschaft endgültig. Ist die Erbeseinsetzung aufschiebend oder auflösend 
befristet, so gelten, wenn der entscheidende Anfangs= oder Endtermin beim 
Tode des Erblassers noch nicht herangekommen ist, die gleichen Regeln wie bei 
der aufschiebend oder auflösend bedingten Erbeseinsetzung; dem von einem 
Anfangstermin ab eingesetzten Erben wird also für die Zeit vom Tode des 
Erblassers bis zu dem Termin ein Vorerbe vorgeschoben; dem bis zu einem 
Endtermin eingesetzten Erben wird von dem Termin ab ein Nacherbe nachge- 
ordnet (2105, 2104, 2139). 
b) Möglich ist es, daß der Erblasser eine Mehrheit bedingter oder be- 
fristeter Erbeseinsetzungen verfügt hat und daß alsdann auf den Vorerben 
nacheinander eine ganze Reihe von Nacherben folgt. 
c) Der „Vorerbe“, der bei einer aufschiebend bedingten oder befristeten 
Erbeseinsetzung dem eingesetzten Erben vorgeht, und ebenso der „Nacherbe“, der 
bei einer auflösend bedingten oder befristeten Erbeseinsetzung dem eingesetzten 
Erben nachfolgt, kann vom Erblasser durch Testament oder Erbvertrag will- 
kürlich bestimmt werden; es liegt alsdann eine doppelte Erbeseinsetzung mit 
entgegenstehender Bedingung oder Befristung vor. Hat der Erblasser eine solche 
Doppelerbeseinsetzung unterlassen, so werden berufen: 
a) als Vorerben die gesetzlichen Erben des Erblassers (2105 ), 
65) als Nacherben diejenigen, die die gesetzlichen Erben des Erblassers sein 
würden, wenn dieser bei Eintritt der Nacherbfolge gestorben wäre (2104 Satz 1). 
Beispiele. I. A. setzt als Erbin seine Frau auf deren Lebenszeit ein; nach ihrem 
Tode soll die Stadt T. seine Erbin sein. Hier ist Frau A. Vor-, die Stadt T. Nacherbin. 
II. B. setzt als Erben seinen nach Amerika ausgewanderten Freund C. ein, falls dieser in 
seine Heimat zurückkehrt; C. kehrt tatsächlich 5 Jahre nach dem Tode B.s zurück. Hier sind 
B.3 gesetzliche Erben Vorerben für die ersten fünf Jahre; vom 6. Jahr ab tritt C. als 
Nacherbe ein. III. Der Junggeselle D. beruft als Erben seinen Freund E. unter der Be- 
dingung, daß er seinen Plan der Auswanderung nach Amerika aufgibt; D. stirbt 1900; 
20 Jahre später wandert E. aus. Hier ist E. Vorerbe; als Nacherben treten diejenigen ein, 
die den D. kraft Gesetzes beerbt haben würden, wenn er 1920 gestorben wäre; waren also 
die nächsten Verwandten D.s 1900 zwei Großtanten F. und G. und ist 1918 die F. mit 
Hinterlassung eines Sohns H., die G. mit Hinterlassung eines Enkels J. gestorben, so ist 
(nach den für die Erbfolge der vierten Ordnung geltenden Regeln) alleiniger Nacherbe H. 
Die Berufung der gesetzlichen Erben als Vorerben (a) geschieht kraft Gesetzes. Dagegen 
wird die Berufung der gesetzlichen Erben als Nacherben (6) auf eine stillschweigende Erbes- 
einsetzung des Erblassers zurückgeführt und fällt deshalb fort, wenn sie dessen erkennbarem 
Willen widerspricht (s. 2104). 
d) Hat der Erblasser einem seiner Nachkommen, der nach des Erblassers 
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