§ 399. Erbeseinsetzung verstorbener oder künftiger Personen. 773
V. 1. a) Der Satz, daß bei der gesetzlichen Erbfolge alle Personen un-
berücksichtigt bleiben, die vor dem Erblasser oder zugleich mit ihm gestorben
sind, findet auch auf die Erbfolge kraft Testaments und Erbvertrages Anwen-
dung: die Erbeseinsetzung wird unwirksam, wenn der eingesetzte Erbe vor dem
Erblasser oder zugleich mit ihm stirbt (1923). Ja es gilt hier sogar folgende
Verschärfung: ist jemand als Nacherbe unter einer aufschiebenden Bedingung
eingesetzt, so ist seine Einsetzung im Zweifel auch dann hinfällig, wenn er
zwar später als der Erblasser, aber vor Eintritt der Bedingung stirbt (2108,
2074).
Beispiele. I. Der Rabbiner A. setzt seinen Glaubensgenossen B. als Erben ein; wenn
B. sich taufen läßt, soll er sein Erbrecht verlieren und C. sein Nacherbe sein; A. stirbt 1900,
C. 1920; 1922 läßt B. sich taufen. Hier ist die Einsetzung des C. unwirksam. Als Nach-
erben werden also die gesetzlichen Erben A.#s und nicht etwa die Erben C.s berufen. II. D.
beruft den E. als Erben; wenn E. nicht Erbe wird, soll F., wenn auch F. nicht Erbe wird,
soll G. Ersatzerbe sein; D. stirbt Ende März; E. schlägt die Erbschaft anfangs Mai aus;
im April ist der erste Ersatzerbe F. gestorben. Hier fällt die Erbschaft D.s an die Erben
F.s und nicht etwa an den zweiten Ersatzerben G. Denn die oben zu a vorgetragene und
durch das Beispiel zu 1 erläuterte Regel gilt nur für einen Nacherben, nicht aber für einen
Ersatzerben. Im Gesetz ist das freilich nicht ausdrücklich gesagt. Allein, da die Wirkung der
Erbschaftsausschlagung des E. auf den März zurückbezogen wird, ist auch die Berufung
des F. als Ersatzerben auf den März zurückzubeziehn und wird demnach durch den Tod des
F. im April nicht entkräftet.“ III. H. hat den J. auf dessen Lebenszeit als Vor= und den
K. als Nacherben eingesetzt; K. stirbt vor J. Hier bleibt die Einsetzung des K. zugunsten
seiner Erben wirksam. Denn das Gesetz schreibt nur vor, daß ein unter einer Bedingung
eingesetzter Nacherbe den Eintritt der Bedingung, nicht aber, daß ein von einem Anfangs-
termin ab eingesetzter Nacherbe das Herankommen des Termins erleben müsse.
b) Dagegen ist der Satz, daß bei der gesetzlichen Erbfolge auch solche
Personen übergangen werden, die erst nach dem Tode des Erblassers gezeugt
sind, auf die Erbfolge kraft Testaments und Erbvertrages nicht anwendbar.
Vielmehr kann der Erblasser rechtswirksam auch eine Person als Erben ein-
setzen, die erst lange nach seinem Tode gezeugt wird; doch gilt ein solcher
Erbe nur als Nacherbe von der Zeit seiner Geburt ab; daraus folgt, daß bis
zu dieser Zeit ein Vorerbe eingeschoben wird und daß die Einsetzung der Regel
nach unwirksam ist, wenn der Nacherbe nicht spätestens dreißig Jahre nach dem
Tode des Erblassers gezeugt wird (2101 I, 2106 II, 2108 1I, 2109).5
2. Die Regeln zu 1 sind auch dann analog anzuwenden, wenn juristische
Personen als Erben eingesetzt sind. Insbesondre ist die Einsetzung einer
juristischen Person, die beim Tode des Erblassers noch gar nicht vorhanden
ist, keineswegs ungültig; die juristische Person gilt aber bloß als Nacherbin
von dem Zeitpunkt ab, in dem sie nachträglich juristische Persönlichkeit gewinnt.
Doch greift eine Ausnahme Platz, wenn eine Stiftung von ihrem eignen
Stifter als Erbin eingesetzt, die zu ihrer Entstehung erforderliche staatliche Ge-
4) Planck-Strohal Anm. 1 zu 2074.
5) RG. 65 S. 278; Martinius, Arch. für BR. 23 S. 162.