778 Buch VIII. Abschnitt 2. Die Berufung zur Erbschaft.
der Anteil des fortgefallenen Erben den Anteilen der übrigen eingesetzten Erben
anwächst; und zwar findet die Anwachsung zugunsten sämtlicher eingesetzter
Erben nach Verhältnis ihrer bisherigen Anteile statt; nur wenn der fort-
gefallene Erbe mit einzelnen andern Erben auf einen „gemeinschaftlichen Erb-
teil“ eingesetzt war, bleibt die Anwachsung auf den engern Kreis der bei dem
gemeinschaftlichen Erbteil beteiligten Miterben beschränkt (2094 D).
b) Ganz anders ist die Rechtslage, wenn von vornherein nur ein Teil
der Erbschaft an die eingesetzten Erben vergeben, der Rest dagegen den gesetz-
lichen Erben belassen ist: alsdann kommt der Fortfall eines der eingesetzten
Erben lediglich den gesetzlichen Erben zugut, indem deren Erbschaftsanteile
entsprechend größer werden; nur dann gilt eine Ausnahme, wenn der fort-
gefallene Erbe mit andern Personen auf einen „gemeinschaftlichen Erbteil“ ein-
gesetzt war: hier wächst sein Anteil diesen andern Miterben an (2094 Il).
Beispiele. I. 1. A.s einziger gesetzlicher Erbe ist sein Bruder B.; A. hat aber ein
Testament gemacht, in dem er, ohne des B. zu gedenken, den C. zu 1½, den D. zu ¼, den
E. zu ½ und den F. und G. zu je 1½/16 einsetzt; nun stirbt C. vor A. Hier wächst der
Anteil C.s den Anteilen von D., E., F., G. zu, so daß diese auf ½, ¼ und zweimal ½
steigen. Sollten auch D., E. und F. vor A. sterben, so würden ihre Anteile schließlich alle
dem G. anwachsen; dieser würde also aus einem Erben zu ½06 zum Alleinerben werden.
B. bleibt gänzlich ausgeschlossen. 2. Gleicher Fall: nur ist F. in A.8 Testament nicht ein-
gesetzt; es bleibt also ½6 der Erbschaft für A.s Bruder B. als den gesetzlichen Erben übrig.
Hier geht, wenn C. stirbt, sein Anteil auf eben diesen B. über, so daß dessen Anteil auf 1/6
erhöht wird. Sterben auch D. und E., so steigt B.s Anteil auf ½/16, während G., der
einzig übrigbleibende eingesetzte Erbe, statt wie zu 1 Alleinerbe zu werden, auf seinem ½6
verharrt. II. 1. H. hat testiert: „zu meinen Erben berufe ich meine beiden Schwäger I.
und K. auf ⅜⅝, meine Vaterstadt L. auf /8 meines Nachlasses“; J. stirbt vor H. Hler
wächst J.s Erbteil allein dem K. an. 2. H. hat testiert: „zu meinen Erben beruse ich auf
⅜ meine beiden Schwäger J. und K.; wegen des Rests behalte ich mir weitere Verfügung
vor“. Hier ist, wenn J. vor H. stirbt, die Entscheidung dieselbe wie zu 1.
2. Die Regeln zu 1 sind indes nicht zwingend. Vielmehr kann der Erb-
lasser durch Verfügung von Todes wegen die Anwachsung des Anteils eines
fortfallenden eingesetzten Erben an die Anteile der andern eingesetzten Erben
gänzlich ausschließen (2094 III).
III. 1. Ist ein Erbe vom Erblasser auf mehrere Erbschaftsanteile einge-
setzt, sei es in der nämlichen Urkunde, sei es in mehreren aufeinanderfolgenden
sich gegenseitig ergänzenden Testamenten oder Erbverträgen, so gilt jeder dieser
Anteile als besondrer Erbteil.1
Beispiel. Zwei Erben sind je auf die Hälfte der Erbschaft eingesetzt und zugleich gegen-
seitig als Ersatzerben berufen; einer der beiden Erben fällt fort, so daß der andre Erbe beide
Hälften erbt. Hier gelten beide Hälften als besondre Erbteile.
2. Wächst einem Erben durch den Fortfall eines andern eingesetzten Erben
dessen Erbschaftsanteil ganz oder teilweise an, so bildet der Erbschaftsanteil
des ersteren Erben einschließlich des Zuwachses bloß einen einzigen Erbteil;
nur insofern wird der Zuwachs wie ein besondrer Erbteil behandelt, als die
1) Planck-Strohal Anm. 4 zu 2098.