Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 404. Annahme u. Ausschlagung der Erbschaft. 787 
III. Frau F. hat die Erbschaft ihres Mannes „als Ehefrau“ angenommen;; später stellt sich 
heraus, daß sie in einem vor langen Jahren geschlossenen Ehevertrage auf ihr ehefräuliches 
Erbrecht verzichtet hat, trotzdem aber F.S Erbin bleibt, weil sie die einzige Verwandte F.S 
ist. Hier kann Frau F. dies Verwandtenerbrecht nicht zurückweisen. IV. Als gesetzliche 
Erben G.3 sind seine beiden Neffen H. und J. berufen; beide schlagen die Erbschaft als 
Verwandte der zweiten Ordnung aus, weil sie wissen, daß sie als Miterben miteinander in 
Streit geraten werden; nachträglich will H., der zugleich Vetter des G. ist, die Erbschaft als 
Verwandter der dritten Ordnung annehmen. Hier ist H.s Annahmeerklärung ungültig. 
2. Hat der Erbe die Annahme oder Ausschlagung nicht auf einen be- 
stimmten Berufungsgrund beschränkt, so ist zu unterscheiden: die Annahme er- 
streckt sich auf jeden wirklich vorhandenen Berufungsgrund, es sei denn, daß er 
dem Erben nachweislich unbekannt ist (1949 I); die Ausschlagung erstreckt sich 
im Zweifel nur auf solche Berufungsgründe, die ihm nachweislich 3“ bekannt 
gewesen sind (1949 1D). 
Beispiel. A. ist durch Testament seines Vetters B. als dessen Erbe berufen; da 
C., der Bruder B.8, auf sein Erbrecht verzichtet und B. weder einen Ehegatten noch andre 
Verwandte hinterlassen hat, ist A. zugleich gesetzlicher Erbe B.s; nun schlägt A. die Erb- 
schaft B.s aus. Hier hat er im Zweifel nicht bloß sein testamentarisches, sondern auch sein 
gesetzliches Erbrecht preisgegeben. Dies gilt auch dann, wenn der Erbverzicht des C. ihm, 
als er die Testamentsberufung ausschlug, unbekannt war; denn der „Grund“ seiner Be- 
rufung als gesetzlicher Erbe ist seine Verwandtschaft mit B. und nicht der Erbverzicht des C.; 
und dieser „Grund“ ist ihm, als er die Erbschaft ausschlug, bekannt gewesen. 
IV. Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf einen Teil der 
Erbschaft beschränkt werden: die Annahme oder Ausschlagung eines Teils ist 
unwirksam (1950). Doch erleidet dieser Satz eine Ausnahme, wenn der Erbe 
zu mehreren „Erbteilen“ berufen ist (s. oben S. 764, 766 III, 778 III).4 
1. In zwei Fällen wird dem Erben gestattet, den einen Erbteil anzu- 
nehmen, den andern auszuschlagen. 
a) Der erste dieser Fälle ist, daß die Berufung des Erben zu den ver- 
schiedenen Erbteilen auf verschiedenen Berufungsgründen beruht; dabei sollen 
aber mehrere Testamente und ebenso mehrere zwischen denselben Personen ge- 
schlossene Erbverträge zusammen als je ein Berufungsgrund gelten (1951 I, II. 
Satz 2). Verschiedene Berufungsgründe sind also nur: die Berufung kraft 
Gesetzes, alle Testamente des Erblassers zusammen, jeder mit verschiedenen 
Personen geschlossene Erbvertrag. 
b) Der zweite Fall ist, daß der Erblasser den Erben auf die verschiedenen 
Erbteile durch Testament oder Erbvertrag eingesetzt und ihm die Ausschlagung 
einzelner Erbteile besonders gestatiet hat (1951 III). 
2. In allen andern Fällen ist die Annahme des einen Erbteils unter 
Ausschlagung des andern unzulässig. Dennoch ist die Annahme oder Aus- 
schlagung eines einzelnen Erbteils nicht unwirksam. Im Gegenteil: ihre 
Wirkung wird kraft Gesetzes auf die übrigen Erbteile erstreckt, auch wenn sie 
dem Erben erst später anfallen (1951 II Satz 1). 
3a) Vgl. Strohal 2 S. 19, 1. 4) H. Hellwig, Arch. f. ziv. Pr. 102 S. 416.
	        
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