Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 405. Nachlaßpflegschaft. 8 406. Aufgebot der Erben. 791 
II. Der Erblasser ist nicht berechtigt, die Sicherung seines Nachlasses 
und insbesondre dessen Siegelung testamentarisch zu untersagen. 
Doch kann er den Sicherungsmaßregeln des Gerichts dadurch zuvorkommen, daß er 
einen Testamentsvollstrecker bestellt; denn ist ein solcher vorhanden, so wird ein Bedürfnis 
der Nachlaßsicherung nur in Ausnahmefällen gegeben sein. 
III. 1. Zur Anordnung der Sicherungsmaßregeln ist örtlich jedes Nachlaßgericht zu- 
ständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt, also z. B. jedes Gericht, 
in dessen Bezirk sich Nachlaßgegenstände befinden (R. FG. 74, 75). 
2. Über die Zuständigkeit der Dorfgerichte, Gemeindevorsteher usw. s. oben S. 725 Abs. 4. 
IV. Landesrechtlich kann die Nachlaßsicherung näher geregelt werden. So ist z. B. in 
Preußen bestimmt, daß die Ortspolizei von jedem Erbfall, in dem eine Sicherung des Nach- 
lasses „angezeigt“ erscheint, dem Amtsgericht Kenntnis geben soll (Pr. FG. 19). Siehe 
ferner Pr. FG. 128 und die vom preuß. Justizminister für die Gerichtsvollzieher sowie für 
die Dorf= und Ortsgerichte erlassenen Geschäftsordnungen. 
V. In einigen Rechtsgebieten ist eine Nachlaßsicherung auch dann gestattet, wenn die 
Person des Erben bekannt ist und die Annahme der Erbschaft seitens des Erben feststeht 
(Ec. 140). Dies gilt namentlich in Württemberg (AusfGes. 88, 89) für den Fall, daß 
mehrere Erben vorhanden sind und die Auseinandersetzung zwischen ihnen nicht glatt abgewickelt 
wird, ebenso in Baden (Ges. v. 17. Juni 1899 § 46), wenn der Alleinerbe oder einer von 
mehreren Miterben geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig oder abwesend ist. 
IV. Aufgebot der Erben. 
8 406. 
I. 1. Ist der Erbe unbekannt und gelingt es nicht, ihn innerhalb einer 
den Umständen entsprechenden Frist zu ermitteln, so hat das Nachlaßgericht 
die Erbschaft aufzubieten, d. h. es hat die unbekannten Erben öffentlich 
aufzufordern, binnen bestimmter Frist ihr Erbrecht anzumelden (1964, 1965). 
2. Erfolgt die Anmeldung eines Erbrechts nicht oder wird ein Erbrecht 
zwar angemeldet, aber nicht binnen dreier Monate seit Ablauf der Anmelde- 
frist dem Gericht der Nachweis erbracht, daß das Erbrecht besteht oder daß es 
im Wege der Klage gegen den Fiskus geltend gemacht worden ist, so stellt 
das Nachlaßgericht fest, „daß ein andrer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden 
ist" (1964 J, R. FG. 78). Mit dieser Feststellung ist das Erbrecht des wahren 
Erben nicht ausgeschlossen; es kann vielmehr binnen der Verjährungszeit nach 
wie vor geltend gemacht werden; wohl aber ist nunmehr eine gesetzliche Ver- 
mutung für das Erbrecht des Fiskus geschaffen (1964 II). Ehe die Feststellung 
erfolgt, kann das gesetzliche Erbrecht des Fiskus weder von ihm noch gegen ihn 
geltend gemacht werden (19606). 
II. Das Aufgebot der unbekannten Erben ist nicht erforderlich, wenn die 
Kosten dem Bestande des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind 
Vielmehr genügt es in diesem Fall, wenn das Nachlaßgericht alle Erbschaftsprätendenten, 
die sich aus freien Stücken bei ihm melden, auffordert, ihr Erbrecht oder die Erhebung der 
Klage gegen den Fiskus binnen drei Monaten nachzuweisen (1965 I1 Satz 2, II Satz 2).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.