62 Buch III. Abschnitt 1. Das Sachenrecht im allgemeinen.
Grundbuch dieses Bezirks im Sinn des Reichsrechts als angelegt gelten soll, durch landes-
herrliche Verordnung ausdrücklich sestzusetzen ist und daß die grundbuchrechtlichen Regeln des
BeBs. und der RerOrdn. in dem Bezirk erst an ebendiesem Tage in Kraft treten; eine
Ausnahme gilt natürlich für diejenigen Regeln der Rör Ordn., die sich nicht auf das bereits
angelegte, sondern auf das erst anzulegende Grundbuch beziehn: diese sind durchweg am
1. Januar 1900 in Kraft getreten (s. EG. 186 ff.). Eine Folge der vorstehenden Bestimmung
ist, daß die Geltung des Reichsgrundbuchrechts in den einzelnen Grundbuchbezirken des
Reichs an sehr verschiedenen Terminen beginnt, je nach dem Gange, den die Arbeiten der
Anlegung des Grundbuchs in diesen Bezirken nehmen.
a)In vielen Bezirken ist man sehr rasch vorgegangen, indem man einfach die bereits
nach bisherigem Recht geführten Grundbücher vom 1. Januar 1900 ab für Grundbücher im
Sinn des Reichsrechts erklärte, und zwar selbst dann, wenn, wie namentlich in Württem-
berg, ihre äußere Einrichtung mit den Vorschriften der RerOrdn. keineswegs im Ein-
klange stand (s. Rer Ordn. 87): demnach ist hier das Reichsgrundbuchrecht bereits am
1. Januar 1900 in Kraft getreten. Dies Verfahren ist beobachtet: im weitaus größten
Teil Preußens (ausgenommen sind nur einige Teile von Schleswig-Holstein [z. B. Helgo-
land), von Hannover, von Hessen-Nassau Iz. B. Nassau) und von der Rheinprovinz), sodann
in Sachsen, Württemberg, Oldenburg, Braunschweig, den drei sächsischen Herzogtümern,
Anhalt und einigen Kleinstaaten.
5) Langsamer ist man da vorgegangen, wo es bisher ganz an Grundbüchern fehlte
oder wo man Anstand nahm, die bisher geführten Grundbücher ohne weiteres für Grundbücher
im Sinn des Reichsrechts zu erklären. Demnach ist das Grundbuch z. B. in Hamburg erst
am 1. Februar, in Lübeck erst am 1. Juli 1900, im Landgerichtsbezirk Karlsruhe erst am
1. Juni 1901 für angelegt erklärt; in vielen Teilen Bayerns, Badens, Elsaß-Lothringens,
Hessen-Darmstadts, Nassaus usw. ist seine Anlegung sogar jetzt noch nicht vollendet.
b) Sobald das Grundbuch eines bestimmten Bezirks im Sinn des Reichsrechts als
angelegt gilt, tritt das Reichsgrundbuchrecht für sämtliche dem Buchungszwange unterworfene
Grundstücke des Bezirks in Kraft, auch wenn sie aus irgendeinem Grunde ein Grundbuch-
blatt tatsächlich noch nicht erhalten haben. Doch kann die landesherrliche Verordnung auch
das Gegenteil verfügen, muß dann aber die Grundstücke, die von dem Reichsgrundbuchrecht
vorläufig eximiert bleiben sollen, einzeln namhaft machen (EG. 186 II). Im Einzelfall kann
eine solche Exemtion sehr wohl am Platz sein, namentlich, wenn die Rechtsverhältnisse irgend-
eines Grundstücks so unklar sind, daß sich die Anlegung des Grundbuchblatts für dieses
Grundstück jahrelang verzögert; denn einerseits geht es nicht an, dies Grundstück, obschon
es das Grundbuchblatt entbehrt, sofort unter Reichsgrundbuchrecht zu stellen, weil dadurch seine
Veräußerung und hypothekarische Belastung geradezu unmöglich gemacht werden würde; andrer-
seits wäre es aber höchst unzweckmäßig, einem ganzen Grundbuchbezirk wegen eines einzigen
zu ihm gehörigen, besonders schwierigen Grundstücks das Grundbuch jahrelang vorzuenthalten.
c) Vormerkungen, die vor dem 1. Januar 1900 eingetragen sind, behalten ihre
bisherige Wirksamkeit auch unter der Herrschaft des neuen Rechts (s. EG. 184); das nämliche
ist anzunehmen, wenn die Vormerkung zwar nach dem 1. Januar 1900, aber vor dem Zeit-
punkt eingetragen ist, in dem das zuständige Grundbuch im Sinn des Reichsrechts als an-
gelegt gilt.“ Nur dann, wenn die Vormerkung auf die Eintragung eines Rechts geht, das
seit dem 1. Januar 1900 nicht mehr begründet werden kann, wird sie mit diesem Tage
kraftlos; so bleibt z. B. ein antichretisches Pfandrecht, das vor dem 1. Januar 1900 end-
gültig eingetragen ist, auch jetzt noch in Geltung; dagegen ist die Vormerkung eines solchen
Rechts seit dem 1. Januar 1900 wirkungslos (s. EG. 189 I Satz 3).5
4) Der Rang bestimmt sich bei Buchrechten, die vor dem 1. Januar 1900 begründet
sind, auch unter der Herrschaft des neuen nach altem Recht (EW. 184); das nämliche ist, wie
bei den Vormerkungen, anzunehmen, wenn die Begründung des Buchrechts zwar nach dem
4) Siehe Planck Anm. 7 zu EG. § 189, 1 d zu § 192; abw. Niedner Anm. IV, 1e
zu E. 189.
5) RG. 48 S. 64 (s. auch ebenda 53 S. 415).