Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 410. Nachlaßkonkurs und Nachlaßverwaltung. 805 
Überführung von Gegenständen aus dem gebundenen in den freien oder um- 
gekehrt aus dem freien in den gebundenen Teil des Erbenvermögens. 
2. a) Bei der Sonderung von Nachlaß und Privatvermögen ist ersterem 
nicht bloß zuzuteilen, was von den ursprünglichen Bestandteilen des Nachlasses 
zufällig noch bei Beginn der Sequestration vorhanden ist, sondern es ist der 
Nachlaß auf den Stand zu bringen, den er haben würde, wenn der Erbe ihn 
seit der Erbschaftsannahme abgesondert ordnungsmäßig verwaltet hätte. Der 
Erbe wird also für die Verwaltung des Nachlasses von der Erbschaftsannahme 
bis zum Segquestrationsbeginn den Nachlaßgläubigern verantwortlich gemacht, 
so daß er für Nachlaßsachen, die er in jener Zeit verbraucht oder verschenkt 
oder schuldhaft unter dem Wert veräußert hat, „wie ein Beauftragter“ aus 
seinem Privatvermögen Schadensersatz zu leisten hat (1978 1 Satz 1). 
Freilich schien es, als sei er bis zum Beginn der Segquestration der freie Herr des 
Nachlasses und über seine Verwaltung niemandem Rechenschaft schuldig. Aber es schien 
eben nur so. Denn nun, da der Nachlaß durch die Sequestration zugunsten der Gläubiger 
gebunden ist, wird jenes Herrenrecht des Erben mit rückwirkender Kraft in den Dienst der 
Gläubiger gestellt. Eine Härte gegen den Erben liegt in dieser Regel nur selten: jeder 
Erbe muß eben von vornherein mit der Möglichkeit einer späteren Nachlaßsequestration 
rechnen und hat sich deshalb beizeiten darauf einzurichten, daß seine Erbenherrlichkeit vielleicht 
nichts als ein Dienst gegenüber den Nachlaßgläubigern ist. 
b) Andrerseits ist der Erbe aber auch berechtigt, für alle Aufwendungen, 
die er in der Zeit zwischen der Erbschaftsannahme und dem Beginn der Nach- 
laßsequestration für den Nachlaß gemacht hat, „wie ein Beauftragter“ aus dem 
Nachlaß Ersatz zu fordern (1978 III). 
Er hat sogar wegen dieses Anspruchs im Fall der Nachlaßverwaltung ein Zurück- 
behaltungsrecht am Nachlaß 5, während er im Fall des Nachlaßkonkurses zwar dieses Rechts 
entbehrt, aber dafür wie ein Massegläubiger behandelt wird (Konk Ordn. 223, 224 Nr. 1). 
c) Hat der Erbe sich schon vor der Erbschaftsannahme mit der Verwal- 
tung des Nachlasses befaßt, so kommen die Sätze zu a und b gleichfalls zur 
Anwendung, jedoch mit der Maßgabe, daß der Erbe die Pflichten und Rechte 
eines auftraglosen Geschäftsführers, nicht eines Beauftragten hat (1978 1 
Satz 2, III). 
4) Die Ersatzansprüche, die sich aus allen diesen Vorschriften ergeben, gebühren den 
Nachlaßgläubigern, werden aber, gerade wie die Ersatzansprüche der Gläubiger gegen den 
Konkurs= oder Nachlaßverwalter, als Teil des Nachlasses behandelt (1978 II). 
3. Den soeben entwickelten Regeln entspricht es, daß der Erbe vor Beginn 
der Sequestration den Nachlaßgläubigern gegenüber die Rechte und die Pflichten 
eines gerichtlich bestellten Nachlaßverwalters hat (1979, 1980). Insbesondre 
ist er zur Befriedigung einzelner Nachlaßgläubiger nur solange befugt, als er 
bei pflichtmäßiger Prüfung annehmen darf, der Nachlaß werde auch zur Be- 
friedigung der übrigen Nachlaßgläubiger ausreichen. Leistet er eine Zahlung, 
obschon er an der Zulänglichkeit des Nachlasses zu zweifeln Ursache hat, so 
5) Abw. Jäger, Erbenhaftung S. 85; vermittelnd Binder 2 S. 148.
	        
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