Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

814 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben. 
b) Der Gläubiger hat den Erben aufgefordert, das von ihm eingereichte 
Nachlaßinventar durch einen Offenbarungseid zu bekräftigen; der Erbe hat 
aber die Eidesleistung verweigert oder ist in zwei aufeinander folgenden Schwur- 
terminen ohne Entschuldigung ausgeblieben (2006 III; R.FG. 79; EG. 147 10. 
Die Leistung des Offenbarungseides bezieht sich nur auf die Nachlaßaktiva: der Erbe 
beschwört, daß er nach bestem Wissen die Nachlaßgegenstände so vollständig angegeben habe, 
als er dazu imstande sei; sie ist auf Antrag zu wiederholen, wenn Grund zu der Annahme 
besteht, daß dem Erben nach der ersten Eidesleistung weitere Nachlaßgegenstände bekannt ge- 
worden sind (2006 I, IV). 
Der Grund, warum die Verweigerung des Offenbarungseides nicht zugunsten aller 
Gläubiger wirkt, ist, daß das Gesetz dem Erben den Eideszwang möglichst ersparen will: der 
Erbe soll also durch die Verweigerung des Eides nur die Forderung des einen die Eides- 
leistung betreibenden Gläubigers, nicht aber die gesamte Schuldenlast des Nachlasses endgültig 
auf sein Privatvermögen übertragen. 
3. a) Besondre Vorschriften gelten, wenn die Nachlaßsequestration ein- 
geleitet wird und der Erbe bei Beginn der Sequestration für die Nachlaßschulden 
beschränkt oder vorläufig unbeschränkt haftete. 
a) Dem Erben kann in diesem Fall eine Inventarfrist erst dann bestimmt 
und also auch ein Inventar und ein Offenbarungseid erst dann abverlangt 
werden, wenn die Sequestration aufgehoben ist. Es kann ihm demnach das 
Recht der Haftbeschränkung während der Dauer der Segquestration durch Ver- 
säumung der Inventarerrichtung oder der Eidesleistung nicht verloren gehn. 
Statt dessen ist verordnet, daß der Konkurs= oder Nachlaßverwalter den Gläu- 
bigern über den Bestand des Nachlasses formlos und unbefristet Auskunft zu 
geben hat; ist der Konkurs durch Verteilung oder Zwangsvergleich beendigt 
so kann dem Erben eine Inventarfrist überhaupt nicht mehr bestimmt werden; 
ist eine Fristbestimmung bereits vor Einleitung der Sequestration erfolgt, so“ 
wird sie mit dem Beginn des Verfahrens wirkungslos (2000, 2012 II 
Konk Ordn. 100). 
6) Wird der Konkurs= oder Nachlaßverwalter aus einer Nachlaßschuld 
verurteilt, so versteht sich die Haftbeschränkung des Erben von selbst, auch 
wenn sie ihm im Urteil nicht besonders vorbehalten ist (s. ZPO. 780 I). 
Letzteres ist gesetzlich allerdings nur für den Nachlaßverwalter bestimmt. Doch wich 
für den Konkursverwalter ein gleiches gelten müssen. 
b) Was für den gewöhnlichen Erben nur im Fall der Nachlaßsequestr 
tion gilt, gilt für den Fiskus als gesetzlichen Erben immer; insbesondre kann 
dem Fiskus als gesetzlichem Erben eine Inventarfrist in keinem Fall bestimmt 
werden, und der Vorbehalt seiner Haftbeschränkung im Urteil ist ihm gegenüber 
niemals erforderlich (2011; B8 PO. 780 1I 1). 
II. 1. Ist die Hastung des Erben für die Nachlaßschulden endgültig um 
beschränkt geworden, so ist seine Rechtsstellung gegenüber den Nachlaßgläubigern 
weit einfacher, als sie es zu der Zeit war, da er ihnen nur beschränkt oder 
3) Planck-Strohal Anm. 4 à zu 2006.
	        
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