§ 412. Nachlaßschulden. Endgültig unbeschränkte Haftung des Erben. 815
vorläufig unbeschränkt haftete: grundsätzlich wird er gerade so behandelt, wie
wenn er den Nachlaßgläubigern nicht als Erbe, sondern als ursprünglicher
Schuldner verpflichtet wäre. Daraus folgt unter anderm, daß die Nachlaß-
gläubiger unterschiedslos den Zugriff auf den Nachlaß wie auf das Privat-
vermögen des Erben nehmen können und daß sie dem Erben nicht einmal
während der gesetzlichen Wartefrist einen Zahlungsaufschub zu gestatten brauchen
(2016 1). Nur ein einziger Satz aus der Zeit seiner vorläufig unbeschränkten
Haftung bleibt auch jetzt noch in Kraft: der Nachlaß kann trotz der endgültig
unbeschränkten Haftung des Erben immer noch durch Gerichtsbeschluß sequestriert
und dadurch den Nachlaßgläubigern gesichert werden (1981—1988, 2013 I;
Konk Ordn. 216 1). Für die Nachlaßsequestration gelten in diesem Fall die-
selben Regeln wie in dem Fall der beschränkten Haftung des Erben. Nur in
folgenden drei Punkten greifen Sondervorschriften Platz.
a) Die Nachlaßsequestration mittels Nachlaßverwaltung kann nicht vom
Erben, sondern bloß von den Nachlaßgläubigern beantragt und darf deshalb
nur bei nachweislicher Gefährdung der Nachlaßgläubiger und nur innerhalb
zweier Jahre nach der Erbschaftsannahme eingeleitet werden (2013 1).
b) Der Erbe ist den Gläubigern für die Nachlaßverwaltung bis zum
Beginn der Segquestration nicht verantwortlich und kann wegen seiner Auf-
wendungen keinen Ersatz aus dem Nachlaß verlangen (2013 1).
c) Die Nachlaßgläubiger behalten während der Sequestration den Zugriff
auf das Privatvermögen des Erben durch Zwangsvollstreckung, Aufrechnung
u. dgl.“ Doch können sie, wenn über das Gesamtvermögen des Erben Kon-
kurs eröffnet wird, aus dem Privatvermögen nur in Höhe des Ausfalls, den
sie bei der Liquidation des Nachlasses erleiden, Befriedigung fordern, es sei
denn, daß sie auf ihre Befriedigung aus dem Nachlaß verzichten (KonkOrdn.
234 —I).
2. Ist die Haftung des Erben nur gegenüber bestimmten einzelnen Nach-
laßgläubigern endgültig unbeschränkt, so kommen die Regeln zu 1 gleichfalls
zur Anwendung, jedoch selbstverständlich nur im Verhältnis zwischen dem Erben
und jenen einzelnen Gläubigern.
Ausgenommen sind die Regeln, daß der Erbe mit Rücksicht auf die endgültige Un-
beschränktheit seiner Haftung nicht selber die amtliche Nachlaßverwaltung beantragen kann
und daß er, wenn es zur Sequestration des Nachlasses kommt, wegen seiner eignen Nach-
laßverwaltung weder ersatzpflichtig noch ersatzberechtigt ist; denn diese beiden Regeln wirken
einheitlich gegenüber sämtlichen Gläubigern; sie vertragen also eine Anwendung nicht, die
auf einzelne bestimmte Gläubiger beschränkt ist (s. 2013 II I1978—1980).
Nach dem Wortlaut des Gesetzes gilt noch eine weitere Ausnahme: den einzelnen Nach-
laßgläubigern, denen der Erbe endgültig unbeschränkt haftet, ist, wenn es zur Nachlaß-
sequestration kommt, der Zugriff auf das Privatvermögen des Erben im Wege der Auf-
rechnung ihrer Forderungen gegen eine Privatforderung des Erben versagt (s. 1977 I,
2013 II). Doch liegt hier wohl nur ein Redaktionsfehler vor. Der wahre Sinn der Vor-
4) Abw. Endemann 3 § 105 8.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 52