816 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben.
schrift ist, daß in jenem Fall das Aufrechnungsrecht allen Gläubigern, denen der Erbe
endgültig unbeschränkt haftet, zugestanden und nur andern Gläubigern vorenthalten sein soll.
III. 1. Die Privatgläubiger des Erben stehn, wenn dieser für die Nach-
laßschulden endgültig unbeschränkt haftet, fürs erste den Nachlaßgläubigern gleich,
können also wie diese den Zugriff unterschiedslos auf das Privatvermögen des
Erben und auf den Nachlaß nehmen.
2. Die Gleichstellung der Privat= und der Nachlaßgläubiger geht aber
verloren, sobald der Nachlaß sequestriert wird. Denn es ist von nun ab den
Privatgläubigern jede Zwangsvollstreckung in den Nachlaß versagt (1984 II;
Konk Ordn. 226, 221). Dagegen ist ihnen der außergerichtliche Zugriff auf
den Nachlaß, insbesondre die Aufrechnung ihrer Forderungen gegen Nach-
laßforderungen, unbenommen.“
Sind Zwangsvollstreckungsmaßregeln, die schon vor Beginn der Seguestration zu-
gunsten eines Privatgläubigers in den Nachlaß erfolgt sind, nach Beginn der Segquestration
aufzuheben? Hierüber gibt 8PO. 784 II in Verbindung mit Abs. I ebenda eine Aus-
kunft, die so kunstvoll abgefaßt ist, daß man sie gerade so gut als ja wie als nein deuten
kann. Ich deute sie als nein.' Für den Konkursfall s. aber KonkOrdn. 221.
IV. Beispiele.
1. Das Privatvermögen des Erben A. besteht aus einer Hypothek von 10000 Mk,
der Nachlaß des Erblassers B. aus Wertpapieren im Wert von 20000 Mk.; A. ist dem C.
und D. je 20000, B. war dem E. und F je 15000 Mk. schuldig. A. verkauft die ererbten
Wertpapiere und erwirbt dafür ein Häuschen, das auf seinen Namen im Grundbuch ein-
getragen wird. Schließlich wird über A.s Vermögen Konkurs eröffnet.
a) Wenn A für die Nachlaßschulden vorläufig unbeschränkt haftet, wird selbstverständlich
über den Nachlaß ein Sonderkonkurs eröffnet. Alsdann besteht im Erbenkonkurse die Aktiv-
masse aus der Hypothek und dem Häuschen A.s, während die Schuldenmasse die beiden Privak-
schulden A.3 und die 20 000 Mk., die A. für die veräußerten Wertpapiere an den Nachlaß
erstatten muß, umfaßt; die Dividende beläuft sich demnach auf #s2 1½.
Dagegen besteht im Nachlaßkonkurse die Aktivmasse lediglich aus dem Betrage, der aus dem
Erbenkonkurse zum Nachlaß zu erstatten ist, während die Schuldenmasse die beiden Nachlaß-
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schulden umfaßt; die Dividende beläuft sich demnach auf 4 % ½.
b) Wenn A. für die Nachlaßschulden endgültig unbeschränkt haftet, braucht er wegen
der veräußerten Wertpapiere zum Nachlaß nichts zu erstatten. Demnach ist der Nachlaß
— 0, so daß es zu einem Nachlaßkonkurse gar nicht kommt und die beiden Nachlaßgläubiger
sich in Konkurrenz mit den beiden Privatgläubigern des Erben einzig an dessen Privat-
vermögen halten müssen. Die Folge ist, daß im Erbenkonkurse die Aktivmasse 10000
+ 20000, die Schuldenmasse 40000 + 30000, die Dividende 3/, beträgt. Die Nachlß-
gläubiger haben also durch die endgültig unbeschränkte Haftung des Erben einen Gewinn
von 55 — ½ = ½: des Betrages ihrer Forderungen (rund 3000 Mk.).
2. Gleicher Fall wie zu 1.: nur besteht der Nachlaß B.8 nicht in Wertpapieren, sondern
in einer Forderung von 20000 Mk., deren Schuldner C., der eine Gläubiger des A, ist;
C. rechnet seine Forderung wider A. gegen seine Schuld an den Nachlaß auf.
a) Wenn A. für die Nachlaßschulden vorläufig unbeschränkt haftet, wird selbstwerstaͤndlich
5) Siber, Kompensation (99) S. 106. Abw. Planck-Strohal Anm. 3 zu 8 2018.
6) Siehe Binder 2 S. 160.
7) Abw. Planck-Strohal Anm. 2b zu § 2013; Staudinger-Herzfelder Anm. III zu
§5 1984; Binder 2 S. 132°; Struckmann & Koch Anm. 2 zu BPO. 784.