Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

818 Buch VIII. Abschnitt 4. Die Rechtsstellung des Alleinerben. 
b) Ist dagegen ein (aktiver) Nachlaß vorhanden und gewährt er nach 
Abzug der für die Befriedigung der andern Gläubiger erforderlichen Beträge 
einen Uberschuß, so kann der ausgeschlossene Gläubiger die Herausgabe dieses 
Uberschusses verlangen, um sich daraus im Wege der Zwangsvollstreckung Be- 
friedigung zu verschaffen. Er ist also in Wirklichkeit nicht ausgeschlossenl 
Doch erfährt der Erbe eine doppelte Vergünstigung. 
a) Erstlich haftet er bei der Herausgabe des Nachlaßrests nur, wie wem 
er wegen ungerechtfertigter Bereicherung belangt würde. 
68) Zweitens kann er die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegen= 
stände in Natur durch Zahlung ihres Schätzungswerts in Geld abwenden. 
Beispiel. A. hinterläßt Aktien im Wert von 3000 sowie Möbel im Wert von 
500 Mk.; seine Schulden betragen gegenüber B. und C. je 3000 Mk.; der Erbe D., dem 
beide Schulden unbekannt sind, veranlaßt das Aufgebot der Nachlaßgläubiger; B. melhdet 
sich, während C. ausgeschlossen wird; hierauf verkauft D. die ererbten Aktien und befriedigt 
mit dem Erlöse den B.; die Möbel verschenkt er an E. Hier kann C. den D. mangels 
einer Bereicherung nicht haftbar machen; dagegen kann er den E. gemäß B#. 822 auf 
Herausgabe der Möbel belangen. 
Bei Mehrheit der ausgeschlossenen Gläubiger kann der Erbe einzelne Gläubiger in be- 
liebiger Reihenfolge befriedigen und die Zahlung gegenüber den andern Gläubigern von 
seiner Bereicherung in Abzug bringen; der wirklichen Zahlung steht ein Erkenntnis gleich, 
das ihn zur Zahlung rechtskräftig verurteilt (s. 1973 II Satz 3). 
Im übrigen kommen analoge Regeln zur Anwendung wie bei der Herausgabe des 
Nachlasses seitens eines Erben, der die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses erhoben hat.! 
3. Die Ausschließung eines Nachlaßgläubigers ist unwirksam, wenn der 
Erbe bei Erlaß des Ausschlußurteils für die Nachlaßschulden endgültig unbe- 
schränkt haftete; dagegen bleibt sie wirksam, wenn jene Haftung des Erben 
erst nach Erlaß des Ausschlußurteils eintritt (s. 2013 1). 
Wenn sich die endgültig unbeschränkte Haftung des Erben nicht auf die Nachlaß- 
schulden im allgemeinen, sondern nur auf die Forderung eines bestimmten ausgeschlossenen 
Gläubigers im besondern bezieht, gilt von den Sätzen zu 8 zwar der erste, nicht aber der 
zweite (s. 2013 I Satz 2). Beispiel: nachdem der Gläubiger A. „ausgeschlossen“ ist, wicd 
auf Antrag des Gläubigers B. dem Erben C. eine Inventarfrist bestimmt; hält C. die Frist 
nicht inne, so wird er allen Nachlaßgläubigern mit Ausnahme des A., hält er die Irist 
inne, verweigert aber die Leistung des von A. verlangten Offenbarungseides, so wird er um- 
gekehrt nur dem A. endgültig unbeschränkt haftbar. 
II. Nachlaßgläubiger, die durch Fristablauf ausgeschlossen sind. 
1. Ein Nachlaßgläubiger kann auch ohne gerichtliches Aufgebot und Urtel 
durch bloßen Ablauf einer gesetzlichen Frist „ausgeschlossen“ werden; dazn 
gehört, daß er seine Forderung innerhalb der Frist gegen den Erben weder 
gerichtlich noch außergerichtlich geltend gemacht und daß der Erbe bis zum M- 
lauf der Frist von der Forderung nicht einmal Kenntnis erhalten hat; die 
Frist beträgt fünf Jahre seit dem Erbfall (1974 J Satz 1). 
Im Sinn der vorstehenden Regel steht dem Erben der etwa bestellte Nachlaßpsteger 
oder Nachlaßverwalter gleich; insbesondre ist eine Forderung gegen den Fristablauf geschütt, 
1) Siehe RG. 61 S. 221.
	        
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