§ 415. Haftung der Miterben für die Nachlaßschulden. 827
zu bringen pflegt, diese Gunst aber einem endgültig unbeschränkt haftenden Erben vor-
enthalten wird.
3. Die Regeln zu 1 und 2 erleiden eine Ausnahme, solange der Nachlaß
sequestriert ist. Die Erben haften nämlich während der Dauer der Segquestra-
tion mit dem Nachlaß, mag dieser ungeteilt oder geteilt sein, nur zur ge-
samten Hand, da die Nachlaßgläubiger ihre Ansprüche gegen den Nachlaß bloß
gegenüber dem für den Nachlaß bestellten Verwalter geltend machen können;
insbesondre ist also auch der Zugriff auf den Anteil der einzelnen Erben am
Gesamtnachlaß in dieser Zeit ausgeschlossen (1984 I Satz 3; KonkOrdn. 12).
Eine weitere Ausnahme gilt zugunsten der Aus= und Absonderungsberechtigten: ihnen.
haften die Erben niemals als Teil-, sondern je nach Lage des Falls als Gesamthand= oder
als Gesamtschuldner (s. 1971, 1974 III, 2060 Nr. 1, 2). — Beispiel. A. hat seine wert-
volle Käsersammlung durch notariellen Akt für den Fall seines Todes dem Museum zu B.
geschenkt; seine Erben wissen hiervon nichts, und das Museum meldet seine Ansprüche erst
nach Ablauf der sechsmonatigen Frist zu 2b86 an; inzwischen haben die Erben den Nachlaß
geteilt, und einer von ihnen, C., hat die Sammlung auf seinen Anteil übernommen. Hier
ist zu unterscheiden: hatte A. die Sammlung dem Museum bereits übereignet und sich nur
den Besitz auf Lebenszeit vorbehalten, so muß C. die Sammlung an das Museum heraus-
geben; andernfalls haftet C. dem Museum nur auf einen Teil des Geldwerts der Sammlung.
III. Die Unterscheidung der vorläufig unbeschränkten, der beschränkten
und der endgültig unbeschränkten Haftung der Miterben einerseits und die
Unterscheidung ihrer Haftung zur gesamten Hand sowie ihrer gesamtschuldne-
rischen und geteilten Haftung andrerseits durchkreuzen sich gegenseitig. Dadurch
entsteht ein sehr merkwürdiges Netz aller möglichen Haftungsarten: es gibt
eine vorläufig unbeschränkte geteilte Haftung, eine beschränkte Haftung zur ge-
samten Hand, eine endgültig unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung, eine
beschränkte gesamtschuldnerische Haftung usw.
IV. 1. Die Privatgläubiger einzelner Miterben können sich an den Nach-
laß halten
a) vor der Nachlaßteilung durch Pfändung des dem Schuldner-Erben zu-
stehenden Anteils am Gesamtnachlaß" (ZPO 859 IlI),
b) nach der Nachlaßteilung durch Zugriff auf die einzelnen dem Schuldner-
Erben überwiesenen Nachlaßgegenstände.
2. Ist der Nachlaß sequestriert, so ist ihnen der Zugriff darauf ganz und
gar verwehrt, sowohl vor wie nach der Teilung (1984 II; Konk- Ordn. 12).
V. Anhangsweise ist hier zu erwähnen, daß die zu IIIII entwickelten Regeln über
die Haftung der Miterben für die Nachlaßschulden auch auf einen Alleinerben 5 Anwendung
finden, der zu mehreren Erbschaftsteilen berufen ist: seine Haftung wird so bestimmt, als ob
die Erbschaftsteile verschiedenen Personen gehörten; doch ist dabei vorausgesetzt entweder, daß
die Erbschaftsteile als „besondre Erbteile“ gelten oder daß sie mit Vermächtnissen und Auf-
lagen verschieden beschwert sind und wenigstens in Ansehung dieser Beschwerung wie be-
4) RG. 75 S. 180.
5) Päch, Haftung für Nachlaßverbindlichkeiten (Diss. 06); Niese, Arch. f. BR. 30 S. 197;
Langen ebenda 36 S. 29.