Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 420. Der befreite Vorerbe. § 421. Haftung des Vor= u. Nacherben f. Nachlaßschulden. 841 
2. Ist die Nacherbfolge eingetreten, so sind Vor= und Nacherbe neben- 
einander haftbar, nach Maßgabe folgender Regeln. 
a) Der Vorerbe erfreut sich einer zwiefachen Vergünstigung. Erstlich 
haftet er nur beschränkt mit dem ihm verbleibenden Rest des Nachlasses, es sei 
denn, daß seine Haftung schon vor½ Eintritt der Nacherbfolge endgültig un- 
beschränkt geworden ist (2145 II); zweitens haftet er nur subsidiär, nämlich 
nur „insoweit, als der Nacherbe nicht haftet“, es sei denn, daß es sich um 
eine Nachlaßschuld handelt, die im Verhältnis zwischen dem Vor= und dem 
Nacherben dem ersteren zur Last fällt (2145 1 Satz 1). Dafür ist ihm aber 
die Verpflichtung auferlegt, den Eintritt der Nacherbfolge unverzüglich dem 
Nachlaßgericht anzuzeigen (2140). 
Die Haftbeschränkung des Vorerben nach Eintritt der Nacherbfolge unterliegt im ein- 
zelnen den gleichen Regeln wie die Haftbeschränkung eines gewöhnlichen Erben bei Dürftig- 
keit des Nachlasses (2145 II Satz 2). Sie ist also durch Einrede geltend zu machen; der 
Vorerbe muß, wenn er die Einrede erhebt, den ihm verbliebenen Nachlaßrest zum Zweck der 
Befriedigung der Nachlaßgläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung herausgeben usw. 
Die Subsidiarität der Haftung des Vorerben bedeutet nicht, daß der Vorerbe auf das 
haftet, was vom Nacherben tatsächlich nicht zu erlangen ist, sondern, daß seine Haftung da 
einsetzt, wo die Haftung des Nacherben rechtlich aufhört; daraus folgt u. a., daß die Haftung 
des Vorerben erlischt, sobald der Nacherbe für die Nachlaßschulden endgültig unbeschränkt 
haftbar wird,: auch wenn das Privatvermögen des Nacherben ganz geringfügig ist und also 
seine unbeschränkte Haftung tatsächlich keinen Wert hat. — Da die Subsidiarität der Haftung 
des Vorerben für die Zeit nach Eintritt der Nacherbfolge im Gesetz ganz allgemein aus- 
gesprochen ist, gilt sie auch dann, wenn der Vorerbe noch Nachlaßgegenstände, z. B. die 
ihm verbleibenden Nachlaßnutzungen, in Händen hat,? oder wenn nur er, nicht aber der 
Nacherbe für die Nachlaßschulden endgültig unbeschränkt haftet. 
UÜber die Stellung des Vorerben im Nachlaßkonkurse s. Konk Ordn. 231. 
b) Auch der Nacherbe wird zwiefach begünstigt: erstlich ist er im Fall 
der beschränkten Haftung nur mit dem, was er aus dem Nachlaß erhalten hat, 
sowie mit den ihm gegen den Vorerben als solchen zustehenden Ansprüchen 
haftbar; zweitens kommt das vom Vorerben errichtete Nachlaßinventar sowie 
das vom Vorerben erwirkte Aufgebot der Nachlaßgläubiger auch ihm zugut 
(2144 1, II; 3 PO. 998). 
II. 1. Die Privatgläubiger des Vorerben können sich nur an die Nutzungen 
des Nachlasses halten, soweit diese ihrem Schuldner gebühren, während die 
Nachlaßsubstanz ihrem Zugriff entzogen ist (2115; B8PO. 773; Konk- Ordn. 128). 
2. Die Privatgläubiger des Nacherben können sich vor Eintritt der 
Nacherbfolge nur an dessen bedingten oder befristeten Anspruch auf die der- 
einstige Herausgabe des Nachlasses halten (s. aber BPO. 778 II). Nach Ein- 
tritt der Nacherbfolge haben sie dagegen die gleiche Rechtsstellung wie die 
Privatgläubiger eines gewöhnlichen Erben. 
1) Abw. Binder 2 S. 214 C. 
2) Planck-Ritgen Anm. 2a zu § 2145. Abw. Planck-Strohal Anm. 3 zu § 2145; 
Binder S. 214. 
3) Abw. Strohal 2 8 83 11.
	        
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