§ 422. Testamentsvollstrecker. Zuständigkeit. 845
Erben zustimmen 15: denn er ist nicht um der Erben, sondern um des Erblassers willen in
seiner Verfügung beschränkt.
T0) Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Nachlaßverbindlichkeiten zu be-
gründen (2206 1). Dabei ist aber folgende Unterscheidung geboten:
a Geht die Verbindlichkeit auf eine Verfügung, so kann der Testaments-
vollstrecker sie mit der gleichen Freiheit eingehn, mit der er die Verfügung
selber treffen kann.
6) Hat die Verbindlichkeit einen andern Inhalt, so kann der Testaments-
vollstrecker sie nur eingehn, soweit es zur ordnungsmäßigen Verwaltung des
Nachlasses erforderlich ist.
Beispiel. Der TV. kann im Wege des Vergleichs mit einem Nachlaßgläubiger diesem
eine Hypothek an einem Nachlaßgrundstück frei zusagen (ci); dagegen kann er den Zinsfuß
der Forderung des Gläubigers von 3½ auf 3¾090 nur dann erhöhn, wenn dies Zu-
geständnis an den Gläubiger für die Verwaltung des Nachlasses erforderlich ist (8).
Zur Abschneidung spätern Streits kann der TV. verlangen, daß, wenn er befugter-
maßen eine Nachlaßschuld begründet, die Erben im Voraus ihre Einwilligung erklären
(2206 1)).
4) Der Testamentsvollstrecker kann endlich Prozesse mit Wirkung für
und gegen den Nachlaß führen, sei es als Kläger, sei es als Beklagter (2212,
2213; B3PO. 748 1).
Aur Klagen aus Pflichtteilsansprüchen sind nicht allein gegen den Testamentsvollstrecker,
sondern auch gegen den Erben persönlich zu richten, gegen den Erben dahin, daß er die
Ansprüche erfülle, gegen den Testamentsvollstrecker dahin, daß er die Zwangsvollstreckung
in den Nachlaß dulde (2213 1 Satz 3, III, 3PO. 748 IIIU).
e) Soweit die Zuständigkeit des Testamentsvollstreckers reicht, ist sie eine
ausschließliche.!“ Die Erben sind also zu Verwaltungsmaßregeln in Ansehung
des Nachlasses neben dem Testamentsvollstrecker nicht befugt; ihre Verfügungen
über Nachlaßgegenstände sind ungültig; die von ihnen in Ansehung des Nach-
lasses eingegangenen Verpflichtungen sind keine Nachlaßschulden; die von ihnen
geführten Prozesse sind dem Nachlaß gegenüber unwirksam (2211 I, 2212,
2213; 3PO. 327, 728 II, 748 I, III, 749, 779 II).
Die Machtvollkommenheit des TV.s darf also nicht etwa als eine bloße Beschränkung
der Verfügungsmacht der Erben, geschweige denn als eine Beschränkung ihrer Geschäfts-
fähigkeit in Nachlaßsachen angesehn werden, sondern schließt die Verfügungsmacht der Erben
völlig aus. Es kommen also die für die Verfügungen eines Gemeinschuldners oder eines
Minderjährigen geltenden Regeln nicht einmal analog zur Anwendung. Wohl aber finden
„entsprechende Anwendung die Vorschriften zugunsten derjenigen, die Rechte von einem
Nichtberechtigten herleiten“ (2211 II). Dies gilt namentlich bei Verfügungen der Erben
über Buchrechte, falls die Bestellung des TV.s nicht im Grundbuch eingetragen ist, sowie
bei Verfügungen der Erben über Fahrnissachen.
Bezüglich der Prozesse ist folgende Unterscheidung zu machen (analog der Unterschei-
dung bei Prozessen, die das eingebrachte Gut einer Ehefrau betreffen): 1. klagt der Erbe
einen zum Nachlaß gehörigen Anspruch ein, so wird die Klage abgewiesen; der Erbe gilt
also nicht als aktiv legitimiert; 2. wird der Erbe wegen eines gegen den Nachlaß gerichteten
Anspruchs verklagt, so wird die Klage nicht abgewiesen; das Urteil kann aber in den Nach-
15) RG. 74 S. 215. 16) RG. 74 S. 36.