§ 423. Die Nachlaßgläubiger bei Bestellung eines Testamentsvollstreckers. 849
Und zwar folgt die Haftung der Erben den allgemeinen Regeln: sie ist also
bald eine vorläufig unbeschränkte, bald eine beschränkte, bald eine endgültig
unbeschränkte, gerade so, wie wenn ein Testamentsvollstrecker nicht vorhanden
wäre. Besonders zu betonen ist, daß die unbeschränkte Haftung der Erben,
wenn sie für die Nachlaßschulden im allgemeinen gilt, sich auch auf die vom
Testamentsvollstrecker neu begründeten Nachlaßschulden erstreckt. Somit kann
ein Erbe, der durch die Versäumung der Inventarfrist der endgültig unbe-
schränkten Haftung für die Nachlaßschulden verfallen ist, durch ungeschickte
Schuldaufnahmen des Testamentsvollstreckers nicht bloß um die Erbschaft, son-
dern auch um sein Privatvermögen gebracht werden.
1. Die Ordnung der Nachlaßschulden steht teilweise allein dem TV., teilweise allein
den Erben, teilweise sowohl dem TV. wie den Erben zu.
a) Der TV. allein ist zuständig, soweit lediglich die Haftung der Erben mit dem Nach-
laß in Frage kommt (2211 1). Demnach kann die Aufrechnung einer Nachlaßforderung
gegen eine Nachlaßschuld nur durch den TV. oder gegenüber ihm erklärt werden; ebenso ist
zur Zwangsvollstreckung in den Nachlaß ein vollstreckbarer Titel gegen den TV. erforderlich
und — außer bei der Zwangsvollstreckung wegen eines Pflichtteilsanspruchs — auch genügend
(89. 748 1, III, 749, 728 11).
b) Die Erben allein sind zuständig, soweit lediglich die Haftung ihres Privatvermögens
in Frage kommt. Demnach kann der TV. auf die beschränkte Haftung der Erben für die
Nachlaßschulden nicht rechtsgeschäftlich Verzicht leisten, und selbst daß die Erben einer vom
TV. begründeten Nachlaßschuld zustimmen, darf nicht als Verzicht auf die Vorteile der be-
schränkten Hastung verstanden werden (2206 II). Ebensowenig kann der TV. den Erben
diese Vorteile dadurch rauben, daß er es versäumt, gegenüber der Klage eines Nachlaß-
gläubigers den Erben durch einen Vorbehalt im Urteil die Hafstbeschränkung ausdrücklich
wahren zu lassen: der Vorbehalt gilt also bei einem gegen einen TV. ergangenen Urteil —
gerade wie bei den Urteilen gegen einen Konkurs= und Nachlaßverwalter — als selbstver-
ständlich (3PO. 780 II). Dem entspricht es, daß die Errichtung eines formellen Nachlaß-
inventars zwecks Wahrung der Haftbeschränkung nicht dem TV., sondern den Erben perfön-
lich obliegt.
c) Sowohl der TV. wie die Erben sind zuständig, wenn die Haftung des Nachlasses
und des Privatvermögens der Erben nebeneinander in Frage kommt. Hierher gehört vor
allem der Antrag auf Eröffnung des Nachlaßkonkurses, auf Anordnung der Nachlaßver-
waltung, auf das gerichtliche Aufgebot der Nachlaßgläubiger, auf Zwangsversteigerung der
Nachlaßgrundstücke (s. Konk Ordn. 217 I, III; R. FG. 76 II; 3PO. 991 II; RZwes. 175 U.
2. Soweit der TV. zur Ordnung der Nachlaßschulden zuständig ist, hat er dabei alle
Rechte, die den Erben persönlich zuständen, wenn ein TV. nicht vorhanden wäre; namentlich
kann er die Berichtigung der Nachlaßschulden während der gesetzlichen Wartefrist verweigern.
Nur der Satz, daß Ansprüche gegen den Nachlaß vor der Erbschaftsannahme gegenüber den
Erben nicht gerichtlich geltend gemacht werden können, ist auf den TV. nicht anwendbar
(2213 II; s. auch RörOrdn. 41 I.
3. Die Zuständigkeit des TV.s zur Ordnung der Nachlaßschulden bleibt in Kraft, auch
wenn der Nachlaß sequestriert wird: sie wird aber auf die Rechte beschränkt, die im Seque-
strationsfall auch den Erben persönlich zustehn (s. KonkOrdn. 144 II, 164 11).
4. Die Zuständigkeit des TV.# zur Ordnung der Nachlaßschulden fällt ganz fort, soweit
der Erblasser ihm die Verwaltung des Nachlasses entzogen hat (s. 8mO. 748 II, 991 ID.
II. Während die Bestellung des Testamentsvollstreckers an der Haftung
des Privatvermögens der Erben für die Nachlaßschulden grundsätzlich nichts
ändert, hat sie umgekehrt den allergrößten Einfluß auf die Haftung des Nach-
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