8 426. Erbschaftsbesitz. 855
der Vindikation jeder, der den Besitz der Muttersache unentgeltlich erlangt hat,
zur Herausgabe der von der Sache gewonnenen Früchte verpflichtet (988).
c) Hat der Erbschaftsbesitzer die von ihm herauszugebenden Nachlaß-
gegenstände veräußert oder ist er aus andern Gründen zu ihrer Herausgabe
außerstande, so haftet er den Erben nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung (2021).
3. Handelt es sich um die Herausgabe von Nachlaßsachen, so wird, nach
Analogie der für die Vindikation geltenden Regeln, die Haftung des Erb-
schaftsbesitzers wesentlich verschärft, wenn er sich beim Erwerbe des Besitzes
der Sachen in schlechtem Glauben befunden oder wenn er seinen Rechts-
mangel nachträglich erfahren hat oder wenn der Erbschaftsanspruch gegen ihn
rechtshängig wird. So haftet der Erbschaftsbesitzer von dem Augenblick ab, in
dem eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist, nicht bloß für Nutzungen, die er
tatsächlich gezogen, sondern auch für Nutzungen, deren Ziehung er schuldhaft
unterlassen hat; er haftet, falls er Nachlaßsachen veräußert hat, nicht bloß in
Höhe seiner Bereicherung, sondern muß vollen Schadensersatz leisten usw. (2023,
2024).
4. Eine noch weitere Haftsteigerung tritt — gleichfalls nach Analogie der
für die Vindikation geltenden Regeln — ein, wenn ein Erbschaftsbesitzer in
Verzug gerät oder sich einen Nachlaßgegenstand durch eine strafbare Handlung
oder durch verbotene Eigenmacht verschafft hat (2024 Satz 3, 2025). Im ersten
Fall haftet er, wenn er den Besitz der herauszugebenden Sache in schlechtem
Glauben erworben oder seinen Rechtsmangel nachträglich erfahren hat, nach
Verzugsrecht. Im zweiten Fall haftet er nach Deliktsrecht; doch soll die delikt-
mäßige Haftung eines Erbschaftsbesitzers, der sich einer Nachlaßsache durch ver-
botene Eigenmacht, aber in gutem Glauben bemächtigt, nur dann gelten, wenn
der wahre Erbe den Besitz der Sache noch vor ihm tatsächlich ergriffen hatte.
Beispiele. I. A. behauptet gutgläubig, Alleinerbe des verslorbenen B. zu sein; C. tut
ein gleiches; darauf nimmt A. eigenmächtig die Wertpapiere B.s an sich; C. entreißt sie ihm
aber und hinterlegt sie bei D.; nun werden die Papiere ohne C.s oder D.s Verschulden ge-
stohlen. Hier muß C., wenn sich später herausstellt, daß A. der wahre Erbe B.s ist, um
seiner verbotenen Eigenmacht willen nach Deliktsgrundsäteen (848) dem A. wegen der ver-
schwundenen Papiere Schadensersatz leisten. II. Gleicher Fall wie zu I: nur hat C. die
Papiere nicht dem A. entrissen, sondern sie gleich nach B.s Tode, noch ehe A. von dem Erb-
fall Kenntnis erlangt hatte, aus des Erblassers Schreibtisch genommen. Hier liegt ebenfalls
eine verbotene Eigenmacht des C. gegen A. vor, da ja A. als Erbe B.s sofort Besitzer der
Papiere geworden ist; trotzdem ist eine Schadensersatzpflicht des C. nicht gegeben: denn die
Eigenmacht gegen einen nur ererbten Besitz wiegt minder schwer als die Eigenmacht gegen
einen „tatsächlich ergriffenen“ Besitz. III. Gleicher Fall wie zu I: nur stellt sich heraus, daß
weder A. noch C., sondern M. der wahre Erbe B.s ist. Hier ist eine Schadensersatzpflicht
des C. ebensowenig begründet wie zu II; denn A., der den Besitz tatsächlich ergriffen hatte,
ist nicht Erbe; M. dagegen ist Erbe, hat aber nicht tatsächlich Besitz ergriffen.
5. Der Erbschaftsbesitzer braucht die zum Nachlaß gehörigen Sachen den
Erben nur herauszugeben, wenn ihm seine Verwendungen auf die Erbschaft
— einschließlich der Aufwendungen zwecks Bestreitung von Erbschaftslasten