§ 433. Vermächtnis eines individuell bestimmten Gegenstandes. 877
a) Vermacht ist ein Gegenstand, der in der Zeit zwischen der Anordnung
des Vermächtnisses und dem Erbfall untergegangen ist: hier wird, wenn der
Erblasser einen Anspruch auf Wertersatz hat, im Zweifel das Vermächtnis als
Zuwendung dieses Anspruchs aufrecht erhalten (2169 III, 2172 II Satz 2).
Beispiel. A. hat seinen Schreibtisch, der mit 120 Mk. gegen Feuer versichert ist, dem
B. vermacht. Hier wird, wenn der Tisch kurz vor A.s Tode verbrennt, die Verfügung als
Vermächtnis der Forderung A.s gegen den Versicherer aufrecht erhalten.
b) Vermacht ist eine Sache, die vor dem Erbfall ohne Einwilligung des
Erblassers 1 mit einer andern Sache dergestalt verbunden, vermischt oder ver-
mengt ist, daß der Erblasser Miteigentümer der Gesamtsache geworden ist oder
einen Anspruch auf Wegnahme der verbundenen Sache hat: hier wird im
Zweifel das Vermächtnis als Zuwendung des Miteigentums oder des Anspruchs
auf Wegnahme aufrecht erhalten (2172 II Satz 1).
Beispiel. A. hat am 1. März die Tags zuvor gekauften in seinem Geldschrank ver-
wahrten 10 Stück Diskontoaktien dem B. vermacht; am 1. Mai legt er eine elfte, seiner
Schwester C. gehörige und ihm zur Verwahrung übergebene Diskontoaktie zu jenen 10 dem
B. vermachten Aktien, so daß man nicht weiß, welches die Aktie der C. ist; am 1. Juli
stirbt A. Hier ist das Vermächtnis der 10 Aktien unwirksam geworden; denn die Ver-
mengung der Aktien ist durch den Erblasser selbst herbeigeführt.]!
JP) Vermacht ist eine dem Erblasser zustehende Forderung, die vor dem Erbfall erfüllt
ist: hier wird im Zweifel das Vermächtnis als Zuwendung des geleisteten Gegenstandes,
falls dieser beim Erbfall noch im Nachlaß vorhanden ist, oder, wenn die Forderung auf die
Zahlung einer Geldsumme gerichtet ist, als Zuwendung dieser Geldsumme aufrecht erhalten (2173).
d) Vermacht ist eine dem Erblasser gegen den Erben zustehende Forderung oder ein
Recht, mit dem eine Sache oder ein Recht des Erben belastet ist: hier wird das Vermächtnis
derart aufrecht erhalten, daß die Forderung oder das Recht in Ansehung des Vermächtnisses
als nicht erloschen gilt (2175). Das Vermächtnis wirkt also in diesem Fall ausnahmsweise
nicht bloß obligatorisch; namentlich bleibt, da die Forderung als nicht erloschen gilt, auch
das zu ihrer Sicherung bestellte Fahrnispfandrecht in Kraft.:
2. Das Vermächtnis ist unwirksam, wenn der vermachte Gegenstand bei
Eintritt des Erbfalls zwar vorhanden ist, aber nicht dem Erblasser gehört; als
dem Erblasser nicht gehörig gilt auch ein Gegenstand, zu dessen Veräußerung
der Erblasser verpflichtet ist (2169 I, IV). Ausnahmen:
a) Vermacht ist ein Gegenstand, der sich bei Eintritt des Erbfalls tat-
sächlich im Besitz des Erblassers befindet, obschon er ihm nicht gehört: hier
wird im Zweifel das Vermächtnis als Zuwendung des Besitzes der Sache
aufrecht erhalten, es sei denn, daß der Besitz dem Vermächtnisnehmer alsbald
wieder entrissen werden kann und ihm also keinen rechtlichen Vorteil gewährt
(2169 II).
b) Vermacht ist ein Gegenstand, dessen Leistung der Erblasser bei Eintritt
des Erbfalls zu fordern hat: hier wird im Zweifel das Vermächtnis als Zu-
wendung des Anspruchs auf die Leistung aufrecht erhalten (2169 III).
e) Vermacht ist ein Gegenstand, der nach Anordnung des Vermächtnisses-
1) Strohal § 33°.
2) Kretschmar, Konfusion (99) S. 248.