878 Buch VIII. Abschnitt 5. Vermächtnisse und Auflagen.
dem Erblasser wider dessen Willen entzogen ist: hier wird, wenn der Erb-
lasser den Ersatz des Werts fordern kann, das Vermächtnis im Zweifel als
Zuwendung des Anspruchs auf den Wertersatz aufrecht erhalten (2169 Ih).
4) Vermacht ist ein dem Erblasser nicht gehöriger Gegenstand in der Art,
daß als Wille des Erblassers erkennbar ist, das Vermächtnis solle ohne Rück-
sicht auf die Zugehörigkeit des Gegenstandes zum Nachlaß wirksam sein. Hier
wird das Vermächtnis in dem Sinn aufrecht erhalten, daß der Beschwerte
verpflichtet wird, den Gegenstand dem Vermächtnisnehmer wie ein Verkäufer
zu verschaffen; doch wird seine Haftung insofern wesentlich gemildert, als er,
wenn die Verschaffung des Gegenstandes nur mit unverhältnismäßigen Auf-
wendungen möglich ist, seine Verschaffungspflicht durch Bezahlung des Geld-
werts des vermachten Gegenstandes ablösen kann; ingleichen braucht er, wenn
er zur Verschaffung des Gegenstandes gänzlich außerstande ist, nicht, wie ein
Verkäufer, vollen Schadensersatz zu leisten, sondern muß lediglich den Geld-
wert des Gegenstandes bezahlen (2169 I, 2170, 2182 II).
Beispiele. I. A. vermacht dem B. sein Landgut, verkauft es aber später an C., indem
er sich den Besitz auf Lebenszeit vorbehält. Hier ist das Vermächtnis unwirksam und kann
auch nicht als Vermächtnis des Besitzes des Guts oder des Anspruchs auf den ausstehenden
Kaufpreis aufrecht erhalten werden. II. D. testiert: „meiner Frau vermache ich unser jetziges
Wohnhaus, wegen dessen ich mit dem Eigentümer in Kaufverhandlungen stehe“; vor Abschluß
der Kaufverhandlungen stirbt D. plötlich. Hier ist das Vermächtnis unwirksam. III. E.
testiert in Erwartung seines nahen Todes: „um den Herzenswunsch meiner Braut zu erfüllen,
vermache ich ihr den Bechsteinflügel, den wir bei unserm letzten gemeinsamen Ausgange im
Geschäfte von Z. besichtigt haben.“ Hier ist das Vermächtnis wirksam.
3. a) Ist ein dem Erblasser gehöriger Gegenstand vermacht, auf dem zur
Zeit des Erbfalls Pfandrechte oder andre beschränkte Rechte ruhn, so kand
der Vermächtnisnehmer den Gegenstand im Zweifel nur mit der Last bean-
spruchen; er kann also von dem Beschwerten die Beseitigung der Rechte nicht
fordern (2165 I Satz 1). Doch gilt, wenn dem Erblasser ein Anspruch auf Be-
seitigung jener Rechte zustand, dieser Anspruch als mitvermacht; ob ein gleichs
auch für ein etwaiges auf dem vermachten Grundstück ruhendes Eigentümerpfand-
recht des Erblassers gilt, ist den Umständen zu entnehmen (2165 I Satz 2, I.
b) Ruht auf einem vermachten Nachlaßgrundstück eine Hypothek für eine
persönliche Schuld des Erblassers, so hat es bei der Regel zu a, daß der Ver-
mächtnisnehmer im Zweifel das Grundstück mit der Hypothek übernehmen muß,
nicht sein Bewenden. Vielmehr ist bestimmt, daß der Vermächtnisnehmer im
Zweifel verpflichtet ist, den Erben auch die Last der persönlichen Schuld des
Erblassers abzunehmen, es sei denn, daß es sich um eine Höchsthypothek handelt;
demgemäß sind die Erben befugt, von dem Vermächtnisnehmer die rechtzeitige
Berichtigung jener Schuld zu verlangen (2166 I, III). Die Verpflichtung des
Vermächtnisnehmers ist aber durch den Wert des vermachten Grundstücks be-
grenzt; und zwar ist maßgebend der Wert des Zeitpunkts, in dem der Ver-
mächtnisnehmer das Eigentum des Grundstücks erwirbt, nach Abzug aller Be-
lastungen, die der Hypothek im Range vorgehn (2160).