882 Buch VIII. Abschnitt 5. Vermächtnisse und Auflagen.
a) Wenn eine Mehrheit von Erben berufen ist, wird das Vorausver-
mächtnis dem damit bedachten Erben nicht auf dessen Nachlaßanteil ange-
rechnet, sondern, gerade wie die übrigen Vermächtnisse, vor der Bildung der
Erbportionen vom Nachlaß abgezogen (s. 2150).
Beispiel. A. hinterläßt ein schuldenfreies Vermögen von 100000 Mk; zu ihm gehört
Hausrat im Wert von 10000 Mk. und eine Villa von gleichem Wert; das übrige Vermögen
besteht in Staatspapieren; A. hat in einem ersten Testament bestimmt: „meine Erben sind
B. und C., bei der Teilung soll das Landhaus auf B.s Teil entsfallen“; in einem zweiten
Testament hat er verfügt: „meinen Hausrat vermache ich dem C." Hier ist die Bestimmung
über die Villa Teilungsanordnung, die über den Hausrat Vorausvermächtnis: demnach er-
hält C. den Hausrat vorweg; den Nachlaßrest teilen B. und C. so, daß jener von den Pa-
pieren 35000 Mk. und die Villa, dieser von den Papieren 45000 Mk. erhält.
b) Folgt dem mit dem Vorausvermächtnis bedachten Erben ein Nacherbe
oder ein Erbschaftskäufer, so haben sie auf das Vermächtnis keinen Anspruch
(2110 II, 2373).
I) Haftet der Erbe für irgendeine Nachlaßschuld nur in Höhe oder nach
Verhältnis seines Erbschaftsanteils, so wird das Vorausvermächtnis diesem
Anteil nicht zugerechnet.
VI. Beruht ein Vermächtnis auf einem Erbvertrage, so muß der Ver-
mächtnisnehmer dagegen geschützt werden, daß der Erblasser nach Abschluß des
Erbvertrages absichtlich Handlungen vornimmt, die die Ausführung des Erb-
vertrages beeinträchtigen. Demgemäß ist bestimmt, daß, wenn der Erblasser
in jener bösen Absicht den Vermächtnisgegenstand absichtlich zerstört, beiseite
schafft oder beschädigt, an die Stelle des Gegenstandes dessen Wert tritt (2288 M).
Beispiele. I. Die Brüder A. und B. haben lange um ein zum bäterlichen
Nachlaß gehöriges altes Bild gestritten, da beider Herz an dem Bilde hängt; schließlich haben
sie sich dahin geeinigt, daß A. das Bild dem B. beläßt. B. aber durch Erbvertrag es dem
A. vermacht; später haben die Büüder sich von neuem verfeindet, und A. besorgt mit
Recht, daß B. in seinem Zorn sich an dem Bilde vergreifen möchte. Hier kann A., solange
B. lebt, nichts zu seinem Schutz tun; denn auch ein Erbvertrag ist weiter nichts als eine
Verfügung von Todes wegen. Ist aber B. gestorben, so kann A., wenn jener das Bild tat-
sächlich aus Bosheit beschädigt hat, von dessen Erben Wertersatz fordern. II. Hat B. das
Bild nur aus Unverstand beschädigt, so hat A. einen solchen Ersatzauspruch nicht, mag dem
B. auch die allergrößte Fahrlässigkeit zur Last fallen.
Noch wirksamer geschützt wird der Vertragsvermächtnisnehmer, wenn der Erblasser,
um ihn zu beeinträchtigen, den Vermächtnisgegenstand veräußert oder belastet hat; denn er
kann hier von dem Erben nicht bloß Wertersatz fordern, sondern kann darauf bestehn, daß
der Erbe ihm den Vermächtnisgegenstand selber liefert und die etwaige Belastung beseitigt
(2288 II Satz 1). Über den Fall, daß der Erblasser den Gegenstand verschenkt hat,
siehe unten § 447 I, 2 b.
3) Vgl. Strohal § 29 1°.