908 Buch VIII. Abschnitt 7. Das Pflichtteilsrecht.
stirbt, sein Vermögen nur 40000 Mk. beträgt; in einem 1901 errichteten Testament hat er
seinen ehelichen Sohn D. mit einem Vermächtnis von 30000 Mk. bedacht, während er seine
uneheliche Tochter E. als Alleinerbin berufen hatt: D. nimmt das Vermächtnis an. Hier emp-
fängt D. aus dem väterlichen Nachlaß 10000 Mk. mehr als seinen ordentlichen Pflichtteil;
demnach beläuft sich sein Ergänzungspflichtteil auf ½. 180 000— 10000— 80000 Mtk.
3. a) Der Anspruch auf den Ergänzungspflichtteil geht in erster Reihe
gegen die Erben; und zwar haften diese in gleicher Art wie bei dem Anspruch
auf den ordentlichen Pflichtteil 3; insbesondre kann ein Erbe, der selber pflicht-
teilsberechtigt ist, die Berichtigung des von einem andern Pflichtteilsberechtigten
geforderten Ergänzungspflichtteils soweit verweigern, daß ihm selber der ordent-
liche und der Ergänzungspflichtteil verbleibt (2328).
b) Sind die Erben mit Rücksicht auf die eben erwähnte Einrede oder, weil
sie für die Nachlaßschulden nur beschränkt haften und der Nachlaß erschöpft
ist, zur Berichtigung des Ergänzungspflichtteils nur teilweise oder gar nicht
verpflichtet, so haftet für den Fehlbetrag in zweiter Reihe der Beschenkte; doch
steht er nicht für den Fehlbetrag als solchen ein, sondern ist lediglich zur
Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung verbunden, auf daß der Berechtigte sich daraus
selber befriedige; er kann aber die Herausgabe abwenden, wenn er den Fehl-
betrag aus freien Stücken bezahlt (2329 I Satz 1, II). Unter mehreren Be-
schenkten haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte
nicht verpflichtet ist (2329 III). Die Haftung des Beschenkten verjährt in drei
Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an, auch wenn der Berechtigte die
Schenkung nicht gekannt hat (2332 ID).
Beispiel. In dem zu 2 genannten Fall kann D. von seiner unehelichen Schwester als der
Erbin seines Vaters 30000 Mk. als Vermächtnis und 10000 Mk. als Ergänzungspflichtteil ver-
langen. Für den Fehlbetrag von 70000 Mk. haftet sein Onkel C., während seine Tante B.
haftfrei ist. Hat C. die Hälfte des Geschenks verloren, so ist er nur in Höhe von 45000 Mk.
verpflichtet, während die B. auf 25 000 Mk. haftbar wird.
c) Ist der Pflichtteilsberechtigte Alleinerbe, so haftet der Beschenkte auf
die Rückgabe des Geschenks in erster Reihe (2329 1 Satz 2).
II. Hat der Pflichtteilsberechtigte selber ein Geschenk vom Erblasser er-
halten, so ist das Geschenk in gleicher Weise wie das dem Dritten gemachte
Geschenk dem Nachlaß hinzuzuzählen und zugleich dem Pflichtteilsberechtigten
auf dessen Ergänzungspflichtteil anzurechnen; hat der Erblasser bei Vornahme
der Schenkung die Anrechnung des Geschenks auf den Pflichtteil des Empfängers
vorgeschrieben, so erfolgt die Anrechnung auf den Gesamtbetrag des ordent-
lichen und des Ergänzungspflichtteils (2327 1).
Beispiel. I. A. schenkt seiner Ehefrau B. 8000 und seinem unehelichen Kinde C. 72000
Mark; als Erben beruft er sein eheliches Kind D.: sein Nachlaß beträgt 400 000 Mk. Hiler
kann Frau B. als ordentlichen Pflichtteil #. 400000= 50000 Mk., als Ergänzungspflichneil
1/8 (72000 + 8000) — 8000 = 2000 Mk. fordern. II. Gleicher Fall; nur beträgt die
3) RG. 73 S. 369.