Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§5 189. 189a. Ansprüche w. Besitzentziehung u. Besitzstörung. 79. 
noch fortbesteht, aber gegenüber ihm oder gegenüber seinen Rechtsvorgängern 
von dem Anspruchsgegner oder dessen Erblasser durch verbotene Eigenmacht 
gestört worden ist (862). 
Beispiele. I. 1. A. wird bei der Feldarbeit auf einem in seinem Besitz befindlichen 
Acker von B. häufig durch Steinwürfe behelligt. Hier kann A. lediglich auf Grund seines 
Besitzes an dem Acker gegen B. auf Unterlassung dieser Störung und auf Entfernung der 
herübergeworfenen Steine klagen, jedoch nur binnen eines Jahrs nach dem letzten Stein- 
wurf. 2. Bei dieser Entscheidung verbleibt es auch dann, wenn A. den Besitz des Ackers 
dadurch erlangt hat, daß er ihn dem bisherigen Besitzer C. gewaltsam und rechtswidrig fort- 
genommen hat. 3. Dagegen fällt der Anspruch des A. gegen B. fort, wenn der bisherige 
von A. gewaltsam verdrängte Besitzer nicht ein Dritter, sondern B. selber war; denn dann 
besitzt A. gegenüber B. fehlerhaft und entbehrt gegen eine eigenmächtige Störung dieses 
fehlerhaften Besitzes durch B., sie mag noch so gewalttätig sein, ein volles Jahr hindurch 
jedes Besitzanspruchs (862 II). II. D. nimmt im Sommer 1911 gegen E.# Verbot seinen 
Weg mehrfach durch den in E.# Besitz befindlichen Garten. Hier kann E. auf Grund seines 
Besitzes dahin klagen, daß D. dies in Zukunft unterlasse; und D. kann sich hierwider 
nicht mit der Einrede verteidigen, daß der Garten in Wirklichkeit nicht dem E., sondern ihm 
selber gehöre oder daß E. ihm den Durchgang durch den Garten im Jahr 1910 für das 
sfolgende Jahr rechtsverbindlich erlaubt habe. 
Als Störung des Besitzes kann im Einzelfall auch eine bloße Bedrohung gelten, 
sobald sie den Besitzer schon jetzt zu beunruhigen geeignet ist. Ebenso ist klar, daß, wenn 
A. einen bissigen Hund nachts frei auf seinem unverschlossenen Hof herumlaufen läßt, schon 
hierin eine Störung des Besitzes seines Nachbars B. liegt und nicht etwa erst darin, daß 
der Hund seinen ersten Besuch auf dem Grundstück B.s abstattet. 
II. Das Ziel des Anspruchs ist die Beseitigung der Störung und, falls 
weitere Störungen in Zukunft zu besorgen sind, deren Unterlassung (862). 
Beispiele. I. 1. A. ist in dem Besitz sines Grundstücks von seinem Nachbar B. 
dadurch belästigt worden, daß dieser in die auf der Grenze stehenden Mauer ein großes 
Loch geschlagen hat. Hier kann A. fordern, daß B. das Loch wieder zumauere. 2. Siehe 
den ersten zu 1 genannten Fall des Steinwurfs. II. C. ist von D. in dem Besitz seines 
Pferdes dadurch gestört worden, daß D. dem Pferde mit der Peitsche ein Auge ausgeschlagen 
hat. Hier steht dem C. ein Besitzanspruch gegen D. nicht zu; denn D. kann diese Störung 
nicht beseitigen, und daß weitere Störungen seitens des D. zu besorgen sind, steht nicht fest. 
7) Die langfristigen Besitzansprüche. 
an) Der langfristige Herausgabeanspruch. 
9#190. 
Der langfristige Herausgabeanspruch wird dem vormaligen 
Besitzer einer Sache oder seinem Rechtsnachfolger gegen den jetzigen Besitzer 
zugestanden. Er dient also, gerade wie der kurzfristige Anspruch wegen Besitz- 
entziehung, zum Schutz des älteren Besitzers gegenüber dem jüngeren. 
I. Die Voraussetzungen des Anspruchs sind alternativ bestimmt, indem das 
Gesetz entweder auf die Art, in der der ältere Besitzer seinen Besitz einge- 
1) Rechtsprechung 4 S. 290, abw. Hellwig, Anspruch S. 28.
	        
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