Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

l 51. Gemeindefinanzen. 91 
zelnen Ortsbürgern zur getrennten Bewirthschaftung überwiesen, während bei Allmende- 
Weide die Benutzung durch die Ortsbürger ungetheilt stattzufinden pflegt. Allmendewald 
wird vom Staat bewirthschaftet, das geschlagene Holz wird unter die Ortsbürger ver- 
theilt („Loosholz“), jedoch so, daß jeder Empfänger dafür eine Loosholzabgabe zu 
entrichten hat und das empfangene Holz nur mit Erlaubniß des Oberförsters verkaufen 
darf 1). Die Waldstreu wird versteigert ?), und nur der Gelderlös kommt zur Verthei- 
lung. Die Einzelheiten werden durch Lokalstatuten geregelt, welche die Ortsbürger durch 
Mehrheitsbeschluß unter Zustimmung der Aufsichtsbehörde festsetzen; doch kann in diesen 
Statuten des Nutzungsrecht der Ortsbürger in keinem Falle zum Nachtheile der weiteren 
Gemeinde vergrößert werdens); ebensowenig ist eine Auftheilung der Allmende unter 
die Ortsbürger statthaft'). Streitigkeiten über das Nutzungsrecht der Ortsbürger an 
der Allmende werden im reinen Verwaltungsstreitverfahren entschieden?). 
2. Anleihen können nur von der Gemeindevertretung aufgenommen werden. 
Sie bedürfen der staatlichen Genehmigung, es sei denn, daß sie lediglich zur Abtragung 
einer alten Schuld bestimmt sind oder daß sie noch im nämlichen Jahre zur Rückzah- 
lung kommen)). 
3. Die Gemeindeabgaben werden von der Gemeindevertretung festgesetzt, 
jedoch nur innerhalb der engen vom Gesetz gezogenen Schranken und nur mit Genehmi- 
gung des Ministeriums. Doch kann das Ministerium die Genehmigung für die direkten 
Abgaben bis zu einem von ihm zu bestimmenden Höchstbetrage im Voraus ertheilen?!). 
Hiernach kommen folgende Abgaben vor: 
a) Direkte Gemeindesteuerns). Für diese kann die Gemeinde nicht 
ein eigenes System aufstellen, oder Steuern neu für sich erfinden, sondern sie muß sich 
damit begnügen, Zuschläge zu den vorhandenen direkten Staatssteuern zu erheben. Und 
auch diese Zuschläge kann die Gemeinde nicht nach freiem Ermessen auf die verschiedenen 
direkten Staatssteuern vertheilen, so daß sie etwa, je nachdem sie die Grundsteuer mit 
einem Zuschlage belegt oder verschont, die Grundbesitzer absichtlich belasten oder begün- 
stigen würde. Bielmehr sind ein für alle Mal die Zuschläge auf die Grund-, Gewerbe- 
und Kapitalrentensteuer in gleicher Höhe, auf die Einkommensteuer in halber 
Höhe zu legen, sodaß die Grundbesitzer, Gewerbtreibenden und Rentner von der Gemeinde 
verhältnißmäßig stärker herangezogen werden, wie vom Staat. Rechnerisch wird dies 
Ergebniß dadurch erreicht, daß das Gewerbe-, Grund= und Kapitalrentensteuerkapital ganz 
und das Einkommensteuerkapital zur Hälfte zusammengezählt werden und in ihrer 
Summe das Gemeindesteuerkapital bilden und daß die Gemeindeumlagen in Form eines 
Prozentsatzes von diesem einheitlichen Gemeindesteuerkapital festgesetzt werden. Dabei 
werden aber Einkommen= und Kapitalrentensteuerkapitalien nur für solche Personen an- 
gesetzt, die in der Gemeinde wohnen, während Grund= und Gewerbesteuerkapitalien für 
alle Grundstücke, die in der Gemeinde liegen, und alle Gewerbe, die in der Gemeinde 
betrieben werden, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ihres Inhabers zur Anlage kommen. 
Das Gemeindesteuerkapital wird, wie erwähnt, einfach durch Zusammenzählen der 
Staatssteuerkapitalien berechnet. Nur ausnahmsweise ist das Gemeindesteuerkapital in 
  
  
1) Ges. v. 10. Febr. 1824. JNl Siehe unten § 69. 
3) Siehe hierüber Entsch. d. Verw.G.'s, Z. 2, 
4) Ges. vom 21. Juni 1852 u. 3. Juli 1858; ½ßs Art. 8, 75, 114, 115; LO. 7, 8, 
89—91; Ges. v. 2. Juli 1839, 22. Novemb. 1872. 
5) KO. 48 II, 1. 
6) St O. 48, Nr. 3, 49, Nr. 8, 117; LO. 47, Nr. 3, 48, Nr. 8, 92. 
7) StO. 95, L2O. 83. 
8) Ges. v. 22. Novemb. 1872 und 24. Sept. 1887.
	        
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