100 „Fünfter Abschnitt: Gemeinden u. Gemeindeverfassung. 2. Höhere Gemeindeverbände. 8 55.
des Kreistages solange beanstanden bis der Entscheid des Ministeriums über die Gültig-
keit des Beschlusses erfolgt (Kreisordnung 52, 67, 120).
b) Die eigentliche Verwaltung der Kreiskommunalangelegenheiten liegt beim
Kreisausschuß. Dieser ernennt auch die Kreiskommunalbeamten außer dem Kreis-
rath und beaufsichtigt ihre Geschäftsführung (Art. 44, 47).
c) Die hauptsächlichste Aufgabe des Kreistages ist es, alljährlich das Kreis-
budget festzustellen und in Verbindung damit die Erhebung von Kreisabgaben oder die
Aufnahme von Kreisanlehen zu beschließen. Außerdem ist er zur Aufstellung von Kreis-
statuten (z. B. Kreisfeuerlöschordnungen) zuständig (Art. 31).
3. Alljährlich ist ein Voranschlag der Kreiseinnahmen und Kreisausgaben aufzu-
stellen. Die Kreiseinnahmen bestehen aus den Einkünften des Kreisvermögens, aus
Dotationen des Staats und der Provinz, aus Kreisanleihen, endlich aus Kreisabgaben.
Letztere werden nicht direkt auf die Kreisangehörigen, sondern auf die Kreisgemeinden
und die Inhaber selbständiger Gemarkungen gelegt. Jede Gemeinde ist nach Verhältniß
ihrer gesammten Gemeindesteuerkapitalien zu belasten. Doch kann der Kreistag von
diesem Maßstabe abweichen, namentlich solche Gemeinden, welche von einer Kreisausgabe
besonderen Vortheil haben, entsprechend stärker besteuern. Hiewider Rekurs an den
Provinzialausschuß (Art. 9— 11). Die Ausschreibung von Kreisabgaben bedarf mini-
sterieller Genehmigung nur dann, wenn Kreis= und Provinzialabgaben zusammen über
25 % der direkten Staatssteuern betragen (Art. 118).
4. Einnahmen und Ausgaben dekretirt im Rahmen des Kreisetats der Kreisrath:
für nicht ständige Einnahmen stellt ihm der Kreisausschuß eines seiner Mitglieder als
Kontroleur zur Seite (Art. 42).
5. Die Staatsaufsicht führt das Ministerium des Innern und der Justiz. Ein
Verwaltungsstreitverfahren findet in Sachen dieser Staatsaufsicht nicht statt, sodaß also
die Kreise gegen eine unzulässige Bevormundung seitens der Regierung weit schlechter
geschützt sind wie die Ortsgemeinden.
II. Provinzen. Ihre kommunale Thätigkeit steht der der Kreise nach. Sie
bezieht sich nur auf eine Mitwirkung bei dem Bau der Kreisstraßen und auf die Ver-
waltung einiger provinzieller Fonds und Institute. Mit Rücksicht auf diese wenig be-
deutende Wirksamkeit der Provinzialgemeinde kann davon keine Rede sein, daß sie einen
eigenen Kommunalbeamten nach Art des preußischen Landesdirektors erhalten sollte;
vielmehr steht an ihrer Spitze der oberste Staatsbeamte der Provinz, der Provinzial-
direktor. Neben ihm sind, in ähnlicher Stellung wie Kreisausschuß und Kreistag, der
Provinzialausschuß und der Provinzialtag thätig. Die Provinzialabgaben werden auf
die Kreise umgelegt und von diesen wie die Kreisabgaben auf die Gemeinden vertheilt,
Die Staatsaufsicht ist die gleiche wie gegenüber den Kreisen 7).
Fechster Abschnitt.
Landesverwaltung.
I. Kapitel.
Die Polizeibehörden.
§ 55. 1. a) Ortspolizeibehörde ist regelmäßig für jeden städtischen oder länd-
lichen Gemeindebezirk der Bürgermeister. Keine Ausnahme von dieser Regel ist, daß
1) KO. 82—122, 9—22.