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die zu diesem Zweck Kreisbautechniker anstellen müssen; insbesondere wird der Bau neuer
Kreisstraßen vom Kreistage — nach Anhörung der betheiligten Gemeinden — beschlossen;
allerdings ist, falls Provinzialmittel mit zur Verwendung kommen, was regelmäßig der
Fall, auch die Zustimmung des Provinzialtags nöthig. Immerhin liegt die JInitiative
zum Straßenbau beim Kreise. Doch kann der Kreis zum Bau von Straßen, die im öffent-
lichen Interesse liegen, gezwungen werden; die Entscheidung liegt beim Provinzialaus-
schuß; Rekurs an den Verwaltungsgerichtshof.
II. Die Anlegung und Unterhaltung der nicht chaussirten Landstraßen ist Ge-
meindesache 7.
III. Ortsstraßen:) — soweit sie nicht Theil einer durch den Ort laufenden
Staats= oder Kreisstraße sind — sind gleichfalls von der Gemeinde anzulegen. Die
Gemeinde kann aber die Anlagekosten einer neu angelegten Straße zum Theil den an-
liegenden Grundbesitzern auferlegen, sowohl was die Kosten des Geländeerwerbs, als was
die Kosten der Trottoiranlage, Kanalisation u. s. f. betrifft; die Beitragspflicht entsteht
aber für jeden Anlieger erst dann, wenn auf seinem Grundstücke ein Gebäude an der
Baufluchtlinie der neuen Straße steht oder neuerrichtet wird. Auch in älteren Straßen
können die Kosten der Kanalisation und Trottoirisirung durch Ortsstatut den Anliegern
auferlegt werden.
§ 65. k. Verkehr. I. Eisen bahnen. 1. Unter den Eisenbahnen sind
folgende Gruppen zu unterscheiden:
a) Im Alleineigenthum Hessens steht die oberhessische Eisenbahn, von der ober-
hessischen Eisenbahngesellschaft seit 1868 gebaut, 1876 von Hessen angekauft.
b) Im gemeinsamen Eigenthum Hessens, Preußens und Badens steht die Main-
Neckarbahn, von Frankfurt, Hessen und Baden seit 1843 gebaut.
c) Preußen allein gehört die Main-Weserbahn (seit 1845 gebaut; der hessische
Antheil ist 1878 an Preußen abgetreten), die Gießen-Deutzer und Frankfurt-Bebraer
Eisenbahn.
d) Baden gehören die am Neckar gelegenen durch hessische Gebietstheile führenden
Bahnen.
e) Privatbahnen, insbesondere die hessische Ludwigsbahn, 1845 zuerst konzessionirt,
seitdem für zahlreiche Linien erweitert.
f)Dazu kommen eine Reihe von Nebenbahnen.
2. Oberste Eisenbahnbehörde ist das Finanzministerium und die 1891 errichtete
Ministerial-Abtheilung für Eisenbahnen 3). Neben ihr steht mit berathender Stimme der
Eisenbahnbeirath!): Vorsitzender ein Kommissär des Finanzministers, 12 Mitglieder,
von denen die 3 Provinzialausschüsse, die 6 Handelskammern und die 3 landwirthschaft-
lichen Provinzialvereine je eines ernennen. Für die oberhessische Eisenbahn besteht eine
Eisenbahn-Direktion in Gießen, für die Main-Neckarbahn in Darmstadt; für die Frankfurt-
Bebraer, die hessische Ludwigsbahn und die Nebenbahnen sind Staats-Kommissäre bestellt.
3. Besondere Regeln bestehen für einzelne Eisenbahnen.
a) Für die hessischen Bahnen, die fremdes Gebiet berühren (namentlich für die
oberhessische Eisenbahn wegen der in die Provinz Hessen-Nassau fallenden kleinen Strecken
vor Fulda und Gelnhausen), sowie für die fremden Bahnen, welche hessisches Gebiet
berühren, sind die Staatsverträge entscheidend. Hervorzuheben ist: 1) Die Main-
Neckarbahn wird von Hessen, Preußen und Baden gemeinsam für gemeinsame
1) Ges. v. 6. Nov. 1860. Ges. v. 27. April 1881, Art. 19.
2) Bauordn. v. 27. April 1881, Art. 17 ff.
3) V. v. 6. Sept. 1891. 4) V. v. 5. Juli 1881.
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