Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

8 67. Landwirthschaft. 123 
5. Außer der Emanzipation des ländlichen Besitzes ist eine „Feldbereini- 
gung“ wiederholt versucht worden, d. h. eine Zusammenlegung und bessere Abrundung 
des Grundbesitzes mittels gegenseitigen Austausches zersplitterter Parzellen, verbunden mit 
zweckmäßiger Anlegung von Feldwegen, Viehtummelplätzen, Lehmgruben u. dgl., sowie 
von Be= und Entwässerungsanlagen!). 
a) Sie erfolgt regelmäßig für die ganze Gemarkung einer Gemeinde auf einmal, 
nur ausnahmsweise für mehrere Gemarkungen zusammen oder für bloße Theile einer 
Gemarkung (Art. 2). Häuser mit den zugehörigen Höfen („Hofraithen"), Steinbrüche, 
Friedhöfe u. dgl. sind von der zwangsweisen Feldbereinigung ausgeschlossen; Weinberge, 
Hopfenfelder und Gärten sind zwangsweise nur insoweit zuzuziehen, als es sich um An- 
legung von Feldwegen handelt. Doch fallen diese Befreiungen fort, wenn sie die zweck- 
mäßige Feldbereinigung in der betreffenden Gemarkung geradezu unmöglich machen 
würden; die dem Besitzer gebührende volle Entschädigung ist alsdann im Enteignungs- 
verfahren festzustellen (Art. 4). 
b) Die Feldbereinigung geschieht nicht bloß, wenn die betheiligten Eigenthümer 
sie einstimmig beschließen, sondern es genügt, wenn auch nur ein Theil der Eigenthümer 
dafür ist. Es wird nämlich, sobald irgend ein Betheiligter dies beantragt, oder auch 
von Amtswegen eine Tagfahrt anberaumt, in welcher nach vorausgegangener öffentlicher 
Ladung die betheiligten Grundbesitzer darüber abstimmen, ob die Feldbereinigung statt- 
finden soll oder nicht; und die Feldbereinigung gilt als angenommen, wenn die dafür 
stimmenden Grundbesitzer mehr als die Hälfte des Gesammtflächeninhalts des zu be- 
reinigenden Bezirks besitzen und der Kopfzahl nach mehr als ½ der betheiligten Besitzer 
ausmachen; wer in der Tagfahrt nicht erschienen, wird als für die Bereinigung stimmend 
angesehen. Es muß sich also eine Mehrheit der Besitzer dem Beschlusse der Minderheit 
fügen, wenn sie in der Tagfahrt ausbleibt oder wenn die Minderheit zusammen einen 
größeren Grundbesitz hat wie die Mehrheit (Art. 3, 5—11). 
c) Die Oberleitung der Feldbereinigung liegt bei der Landeskommission, 
die Ausführung bei einer Vollzugskommission (Art. 13—15). 
Erstere besteht aus einem Vorsitzenden und drei ständigen Mitgliedern, die der 
Großherzog, und drei nichtständigen Mitgliedern, die die Provinzialausschüsse er- 
nennen. Letztere besteht aus einem von der Landeskommission ernannten Bereinigungs- 
kommissär als Vorsitzendem, dem Bürgermeister, drei Sachverständigen, von denen einer 
seitens der Landeskommission, zwei seitens der betheiligten Grundbesitzer gewählt werden, 
dem Bereinigungsgeometer; soweit Meliorationen in Frage kommen, tritt auch der „Be- 
zirkskulturingenieur“ in die Kommission ein. 
4) Der Feldbereinigung liegen drei Pläne zu Grunde, einer, welcher die aus- 
zuführenden Meliorationen bestimmt, ein zweiter, der den gegenwärtigen Besitzstand, 
insbesondere Größe und Werth der betheiligten Grundstücke darstellt, ein dritter, welcher 
die Ersatzgrundstücke, die den Besitzern an Stelle ihres bisherigen Besitzes zugewiesen 
werden sollen, bezeichnet. Alle drei Pläne sind von der Vollzugskommission zu ent- 
werfen, von der Landeskommission zu bestätigen und sodann offenzulegen. Gegen die 
beiden letztgenannten Pläne können die Betheiligten auf schiedsgerichtliche Entscheidung 
antragen; das Schiedsgericht besteht aus 3 Mitgliedern, von denen je eines vom An- 
tragsteller, von der Landeskommission und von der Versammlung aller bei der Feld- 
1) Ges. vom 28. Sept. 1887. Aeltere Gesetze v. 24. Dez. 1857 u. 18. Aug. 1871 hatten 
wenig Erfolg. Die Instr. v. 5. Dez. 1834 begnügte sich damit, die Verkoppelung auf rein frei- 
willigem Wege durchführen zu wollen. Z
	        
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