Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.1.4. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (4)

126 Sechster Abschnitt: Landesverwaltung. 4. Verw. in Bezug auf das wirthschaftl. Leben. 88 68 u. 69. 
§ 68. b. Viehzucht 1). 1. Jede Gemeinde muß für den in ihrem Bezirk vor- 
handenen Rindviehbestand die nöthigen Bullen („Fasselvieh“) selber halten oder dafür 
sorgen, daß die Bullen durch andere Personen gehalten werden. Zulässig sind nur 
solche Bullen, welche von der „Körkommission“ des Kreises (Kreisthierarzt und 3 vom 
Kreistage gewählte Mitglieder) für tauglich befunden werden. Niemand darf zur 
Deckung fremden Rindviehs Bullen halten, die nicht „gekört“ sind, während derzjenige, 
der sein Rindvieh durch seine eigenen Bullen decken läßt, in deren Auswahl nicht be- 
schränkt ist. 
2. Ueber das Landesgestüt Verfügung vom 21. Jan. 1831, 12. Okt. 1836. 
3. Für jeden Kreis ist ein Kreisveterinärarzt anzustellen. Er steht unter dienst- 
licher Aufsicht des Kreisarzts. Provinzialverein und Centralausschuß wie bei den Aerzten. 
4. Die Regeln zur Abwehr von Viehseuchen beruhen überwiegend auf Reichsrecht. 
Die Biehseuchen-Polizei wird von den Kreisämtern geübt. 
§ 69. C. Forstwirthschaft. 1. Obere Behörde ist die Abtheilung des Finanz- 
ministeriums für Forst= und Kameralverwaltung, Bezirksbehörde die Forstämter, mit 
einem Forstmeister, örtliche Behörde die Oberförsterei mit einem Oberförster an der 
Spitze; jedem Oberförster sind eine Anzahl Forstwarte unterstellt. 
2. Den Forstbehörden ist übertragen: 
a) Die Verwaltung der Staatswaldungen, mögen sie dem Staate selbst oder dem 
großherzoglichen Hause gehören. 
b) Die Verwaltung der Gemeindewaldungen, da der Staat die Gemeindewälder 
nicht bloß wie in Alt-Preußen beaufsichtigt, sondern selber bewirthschaftet. Doch kann 
die Gemeinde gegen Verwaltungshandlungen der Oberförster Einspruch erheben, z. B. 
eine Vergrößerung des Holzschlags fordern; über den Einspruch entscheidet das Kreisamt, 
vorbehaltlich des Rekurses an das Ministerium des Innern und der Justiz. Die Ver- 
werthung des geschlagenen Holzes geschieht durch die Gemeinde. 
c) Die Ausübung des staatlichen Aufsichtsrechts über Privatwaldungen. Die 
Staatsaufsicht bezieht sich aber nicht auf die Einzelheiten der Waldwirthschaft, sondern 
soll nur die Ausrottung der Wälder verhindern; demgemäß ist jede Ausrodung von 
Wäldern, falls sie nicht weniger als 10 Morgen Umfang haben, an staatliche Ge- 
nehmigung geknüpft?). Auch ist eine Theilung von Wäldern in Parzellen von weniger 
als 50 Ar verboten 3). 
d) Außerdem ist den Oberförstern auch die Bewirthschaftung der vom Staate 
unmittelbar verwalteten landwirthschaftlichen, sowie die Aufsicht über die verpachteten 
Domänen übertragen. Sie sind also zugleich landwirthschaftliche Beamte. 
3. Die Waldwirthschaft in den Staats= und Gemeindewäldern ist durch zahlreiche 
Gesetze und Verordnungen geregelt. So ist in den Staatswäldern der Verkauf der 
Waldstreu nur beschränkt gestattet!); in den Gemeinden war der freihändige Verkauf 
von Waldstreu ganz verboten und ist erst mit Rücksicht auf die Futternoth des Jahres 
1893 durch Gesetz vom 29. Juni 1893 ausnahmsweise für zulässig erklärt. 
4. Die Waldservituten sind bis auf kleine Reste aufgehoben oder abgelöst. Doch 
sollen in den Staats= und Gemeindewäldern ärmere Leute widerruflich zur Sammlung 
von dürrem unverarbeiteten Reisholz (Leseholz) zugelassen werden; die Leseholzberechtigten 
werden zu ihrer Legitimation mit Leseholzkarten versehen 5). 
1) Ges. v. 26. Okt. 1887. 2) V. v. 3. Aug. 1819 u. 26. Jan. 1838. 
3) Ges. v. 28. Sept. 1887, Art. 41. 
4) V. v. 3. Okt. 1848. 5) V. v. 31. Juli 1854.
	        
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