18 Zweiter Abschnitt: Staat u. Staatsverfassung. 2. Staatsangehörige u. Gebiet. 88.
1. Die Bildung 1) des hessen-darmstädtischen Staatsgebiets beginnt mit der Erb-
theilung zwischen den Söhnen Philipps des Großmüthigen 1567.
Hierbei fiel an den Stifter der Darmstädtischen Linie
a) zunächst nur die Obergrafschaft Katzenellenbogen, d. h. die
Gegend um Darnstadt, Großgerau u. s. f., übrigens kein althessisches Gebiet, sondern
ein Erwerb, den die hessischen Landgrafen erst 1479 durch Erbschaft gemacht hatten.
Als demnächst zwei der ebenbürtigen Söhne Philipp's des Großmüthigen und die aus
unebenbürtiger Ehe Philipp's stammenden Grafen von Dietz kinderlos starben, und
nur die beiden Linien von Cassel und Darmstadt übrig blieben, fiel nach mannigfachem,
wechselvollem Streit durch den Fried= und Einigkeitsrezeß vom 14. April 1648 an
Darmstadt; ferner
b) das Oberfürstenthum Hessen (Gießen, Biedenkopf, Alsfeld, Butzbach,
Schotten, Nidda, Homburg), sowie
I) ein Theil der Niedergrafschaft Katzenellenbogen, z. B. Ems, Braubach, Katzenellen-
bogen, Eppstein.
2. Das 17. und 18. Jahrhundert brachte außer einzelnen kleineren Erwerbungen
(z. B. 1662 die Herrschaft Frankenstein bei Darmstadt), 1736 die Grafschaft Hanau-
Lichtenberg, zum Theil rechts vom Rhein (Lichtenau u. s. f. bei Kehl), zum Theil links
davon (Pirmasenz, Buchsweiler) belegen. Wegen des linksrheinischen Besitzes mußte der
Landgraf von Hessen den König von Frankreich als Oberherrn anerkennen.
3. Der Friede von Luneville 1801, der Reichsdeputationshauptschluß 1803 und
die sich daran schließenden Verträge brachten den Verlust der Niedergrafschaft Katzen-
ellenbogen, welche an Nassau, der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, welche an Baden und
Frankreich fiel. Dafür erhielt Hessen als Ersatz:
a) von vormals geistlichen Gebieten das zu Kur-Köln gehörige Herzogthum
Westfalen (Arnsberg) — verschiedene Stücke von Kur-Mainz (Bensheim, Lorsch, Heppen-
heim, Hirschhorn, Dieburg, Seeligenstadt, in Oberhessen Rockenberg u. s. f.) — vom Bis-
thum Worms Lampertheim — das zu Mainz, Worms, Speyer gemeinsam gehörige
Neckarsteinach;
b) von der Kurpfalz einzelne Theile, z. B. Lindenfels;
c) die Reichsstädte Friedberg und Wimpfen.
4. Gelegentlich der Gründung des Rheinbundes 1806 und durch einzelne sich an-
schließende Verträge erwarb Hessen:
a) von vormals geistlichem Gebiet Kloppenheim, welches zum deutschen Orden,
— Herbstein, welches zu Fulda gehört hatte. — Kloster Arnsburg;
b) die Gebiete der Fürsten und Grafen von Solms, Stolberg, Erbach,
Löwenstein, Leiningen, Görtz, soweit sie noch gegenwärtig zu Hessen gehören;
Jc) die Grafschaften Wittgenstein und Berleburg u. f. f.;
d) dreizehn reichsritterschaftliche Gebiete, darunter namentlich den Be-
sitz der Freiherrn von Riedesel (Lauterbach u. s. w.), die Gauerbschaften Burggrasschaft
Friedberg und Staaden u. f. f.
5. Durch den Wiener Kongreß und die sich daran anschließenden Verträge verlor
Hessen das Herzogthum Westfalen, die Grafschaften Wittgenstein und Berleburg und einige
kleinere Gebiete. Dafür erhielt Hessen
1) Ewald, Zur Landeskunde des Großherzogthums Hessen in den „Beiträgen zur Statistik
des Großherzogthums Hessen", Jahrg. 1872, und dazu eine Karte, Jahrg. 1862. Arthur Schmidt,
Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogthum Hessen, Gießener Uni-
versitätsprogramm 1893 (gleichfalls mit Karte).