8 10. Zusammensetzung der zweiten Ständekammer. 21
Jeder städtische Wahlbezirk bildet dagegen eine einzige Wahlgemeinde, sodaß ein
jeder Urwähler soviel Wahlmänner wählt, als insgesammt auf die ganze Stadt ent-
fallen; auch hier kommt ein Wahlmann auf 500 Seelen, mindestens aber 20 Wahl-
männer auf die Stadtt).
3. Die Wahl der Wahlmänner wird von einer Wahlkommission geleitet, die aus
dem Bürgermeister und zwei von der Gemeindevertretung gewählten Urkundspersonen
besteht. Die Abgeordnetenwahl wird von einem durch das Ministerium des Innern
und der Justiz ernannten Wahlkommissär geleitet, der dabei die drei ältesten anwesen-
den Wahlmänner als Urkundspersonen und einen Protokollführer zuzieht 2.
4. Die Wahlkommission stellt in jeder Wahlgemeinde eine Liste der stimmberech-
tigten Urwähler und der zu Wahlmännern wählbaren Personen auf und legt sie 3 Tage
öffentlich aus; binnen dieser 3 Tage sind Einwendungen zulässig, über welche die Wahl-
kommission entscheidet; gegen deren Entscheid (gleichfalls binnen 3 Tagen) Rekurs an
den Kreisausschuß und weiterer Rekurs an den Provinzialausschuß und den Verwaltungs-
gerichtshof; jedoch haben die beiden letzteren Rekurse auf die zunächst vorliegende Wahl
keinen Einfluß; insoweit entscheidet also der Kreisausschuß endgültig 3).
5. Die Wahl der Wahlmänner geschieht dadurch, daß jeder Urwähler in Selbst-
person einen verdeckten, nicht unterschriebenen Stimmzettel abgiebt. Ungültig sind, ähnlich
wie bei der Wahl zum Reichstage, Stimmzettel, welche nicht von weißem Papier oder
welche mit einem äußeren Kennzeichen versehen sind, — welche keinen lesbaren Namen
enthalten, — aus welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu erkennen
ist — auf welchen mehr Namen, als Wahlmänner zu wählen sind, oder Namen von
nicht wählbaren Personen verzeichnet sind — welche einen Protest oder Vorbehalt ent-
halten. Bezieht sich der Mangel des Stimmzettels nur auf einen der zu wählenden
Wahlmänner, ist z. B. nur der Name dieses einen unleserlich, so ist der Stimmzettel
nur bezüglich dieses einen Wahlmannes ungültig"). Relative Mehrheit der gültig ab-
gegebenen Stimmen genügt; bei Stimmengleichheit entscheidet das Loos. Eine Ablehnung
der Wahl ist nicht statthaft; wenn also der Gewählte dennoch ablehnt, so bleibt seine
Stelle unbesetzt ).
Die Wahl der Abgeordneten?) geschieht in einer vom Wahlkommissär einberufenen
Versammlung der Wahlmänner dadurch, daß jeder Wahlmann — nachdem er zunächst
durch Handgelöbniß betheuert hat, daß er seine Stimme nach eigener Ueberzeugung für
das Befte des Landes abgeben werde — in Selbstperson seinen verdeckten, nicht unter-
schriebenen Stimmzettel abgibt. Ungültigkeit der Stimmzettel ebenso wie bei der Urwahl.
Haben sich bei der Abstimmung nicht mindestens /8 der Wahlmänner betheiligt, so ist
die Wahl ungültig und ein neuer Wahltermin anzuberaumen; in diesem ist jede Wahl
gültig, ohne Rücksicht auf die Zahl der Abstimmenden. Gewählt ist, wer mehr Stimmen
erhalten hat, als die Hälfte der gültig abgegebenen Stimmzettel beträgt; ergiebt sich eine
derartige Mehrheit nicht, so ist im nämlichen Termin die Wahl zu wiederholen, und
zwar nicht bloß, wie bei den Stichwahlen zum Reichstage, zwischen den beiden Personen,
welche in der ersten Wahl die meisten Stimmen erhalten haben, sondern ganz frei,
jedoch so, daß nun eine relative Mehrheit genügt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das
Loos. Die Wahl ist dem Gewählten mitzutheilen. Ausdrückliche Annahme ist jedoch
nicht nöthig; nur wenn Jemand mehrfach gewählt ist, muß er sich auf Aufforderung
1) Wahlgesetz, Art. 4, 19, 43. 2) Wahlgesetz, Art. 20, 31, 34.
3) Wahlges., Art. 21, 22 Kreisordnung, Art. 48 II, Nr. 6,
4) Der Wortlaut des Art. 28 verglichen mit Art. 38 ist frilich nicht zweifellos.
5) Wahlgesetz, Art. 23 ff.