8 18. Zuständigkeitsstreit. 43
ist, weßhalb das sachverständigere und vor allen andern Behörden zur Wahrung des
öffentlichen Interesses berufene Ministerium dem unabhängigeren Verwaltungsgerichts-
hof vorzuziehen war.
Wie schon erwähnt, ist das formlose Beschlußverfahren zum Theil in erster
Instanz zugelassen. Sehr angemessen: alle Sachen, die es verdienen, werden thatsächlich
in die zweite Instanz gebracht werden und erhalten dann alle Garantieen der Münd-
lichkeit und Oeffentlichkeit zur rechten Zeit; dagegen wird bei unbedeutenden Sachen,
welche die Betheiligten selbst nicht in die zweite Instanz bringen, durch die Einfachheit
des Beschlußverfahrens an Kosten und Zeit gespart und durch die Geheimheit des Ver-
fahrens — z. B. bei Nichtbestätigung einer Bürgermeisterwahl — mancher Anstoß ver-
mieden. Minder leicht verständlich ist es, warum man in anderen Fällen gerade um-
gekehrt die ersten Instanzen im formellen Verfahren arbeiten und erst in der letzten
Instanz das Beschlußverfahren genügen ließ.
3. Im Einzelnen ist die Zuständigkeit geordnet wie folgt:
a) Drei Instanzen: Kreisausschuß, Provinzialausschuß, Ministerium; für die erste
und zweite Instanz Verwaltungsstreit-, für die dritte Instanz Beschlußverfahren. So
namentlich bei Beschwerden über Beschlüsse der Gemeindevertretung oder über Zwangs-
maßregeln, die der städtische Bürgermeister angedroht hat!), bei der Ertheilung oder
Verweigerung von Gewerbekonzessionen.
b) Drei Instanzen wie zu a); das Verwaltungsstreitverfahren ist aber auf die
zweite Instanz, den Provinzialausschuß, beschränkt. So namentlich, wenn der Kreisrath
die Wahl eines ländlichen Bürgermeisters oder einen Beschluß der Gemeindevertretung
zu bestätigen ablehnt.
c) Zwei Instanzen: Kreisausschuß und Provinzialausschuß; für die Unterinstanz
Beschluß-, für die Oberinstanz Verwaltungsstreitverfahren. So bei Einwendungen gegen
die Gültigkeit einer Gemeindewahl, oder wenn ein Ortsarmenverband von einem Land-
armenverband Unterstützung beansprucht.
d) Zwei Instanzen: Provinzialausschuß und Ministerium. Für die Unterinstanz
Verwaltungsstreit-, für die Oberinstanz Beschlußverfahren. So namentlich bei der Ent-
eignung von Grundstücken, bei Zurücknahme einer einmal ertheilten Gewerbekonzession
oder Approbation, bei Beschwerden über Zwangsmaßregeln, welche der Kreisrath an-
gedroht hat.
4. Die Regeln über die Einlegung des Rekurses sind die gleichen wie im reinen
Verwaltungsstreitverfahren. Die Ministerialsektion wirkt, wo sie als letzte Instanz an-
gerufen wird, nicht wie der Verwaltungsgerichtshof als Revisions-, sondern als Berufungs-
oder Oberberufungsbehörde, prüft also auch Fragen thatsächlicher Art.
5. Bei der Untersagung der ferneren Benützung gewerblicher Anlagen oder der
Zurücknahme von Gewerbekonzessionen oder Approbationen kann der Provinzialdirektor
vorläufige Verfügungen treffen; der Provinzialausschuß hat sich alsbald über die Be-
stätigung solcher Verfügungen schlüssig zu machen. Das gleiche Recht hat auch in ge-
wissen Fällen — Namens des Kreisausschusses — der Kreisrath; so z. B. bei Beschwerden
gegen Beschlüsse der Gemeindevertretungen.
§ 18. e) Zuständigkeitsstreit. (Kompetenzkonflikt?.) 1. Erhebt eine Verwaltungs-
behörde in einer bei Gericht anhängigen Rechtssache — Civilprozeß, Strafprozeß, An-
1) Siehe unten S. 58, 59.
2) Ges. v. 4. Juni 1879, Art. 22ff.; Ges. v. 5. Juni 1879, Art. 9; Ges. v. 9. Juni 1879,
Art. 1; Ges. v. 16. April 1879, Art. 2; Ges. v. 11. Jan. 1875. Das Verfahren ist reichsrechtlich
zugelassen durch Gerichtsverfassungsgesetz 17.