58 Dritter Abschnitt: Gesetz, Verordnung, Verwaltungszwangsverfahren. 833.
beim Bürgermeister Widerspruch erhebt, und es muß alsdann zum Civilprozeß und zur
gewöhnlichen Civil-Zwangsvollstreckung gegriffen werden; bei privatrechtlichen Forderungen
des Fiskus ist von vornherein der Weg des Civilprozesses zu beschreiten. ·
b) Das Verwaltungszwangsverfahren bedarf keiner gerichtlichen Klage, keines ge-
richtlichen Urtheils. Als vollstreckkbarer Titel gilt vielmehr der Beschluß der Verwal-
tungs= oder Finanzbehörde oder des Verwaltungsgerichts, welches den zu vollstreckenden
Geldanspruch festsetzt.
c) Das Verwaltungszwangsverfahren bewegt sich in den Formen der Civilzwangs-
vollstreckung und unterliegt auch sonst den gleichen Regeln, wie die Civilzwangsvoll-
streckung, was z. B. den Kreis der pfändbaren Sachen, die Interventionsklagen Dritt-
berechtigter u. dgl. angeht. Demgemäß kann auch das Verwaltungszwangsverfahren in
Konkurrenz mit der Civilzwangsvollstreckung treten, z. B. wenn eine und dieselbe Sache
wegen einer Privatforderung und wegen eines Steuerrückstandes gepfändet wird. Nur
der eine Unterschied besteht, daß nicht der Gerichtsvollzieher und das Gericht, sondern
der Verwaltungs-Exekutivbeamte und die Verwaltungsbehörde das Zwangsverfahren —
einschließlich der Beschlagnahme von Forderungen des Schuldners — leiten.
2) Besondere Regeln gelten, wenn die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück be-
trieben werden soll. Hierzu bedarf es nämlich stets der Genehmigung des vorgesetzten
Ministeriums, und diese Genehmigung soll erst ertheilt werden, wenn feststeht, daß durch
Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen die Betreibung nicht oder nicht voll-
ständig erfolgen kann. Ist die ministerielle Genehmigung ertheilt, so ist die Zwangs-
versteigerung des Grundstücks beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen. Dem-
nächst ist die Zwangsversteigerung von diesem Gerichte in der gewöhnlichen Art zu
betreiben.
e) Auch ein Arrest kann im Verwaltungszwangsverfahren verhängt werden, jedoch
nur ein dinglicher, kein persönlicher.
2. Sonstige Zwangsmaßregeln sind dem Kreisrath und dem städtischem Bürger-
meister!) zugestanden. Dem Bürgermeister ist das für einzelne Städte eingesetzte Staats-
Polizeiamt gleichzustellen?).
a) Diese Behörden können nämlich die zu erzwingende Handlung durch Dritte auf
Kosten des Schuldigen ausführen lassen. Ist die Ausführung durch Dritte nicht mög-
lich, oder soll eine Unterlassung erzwungen werden, so können sie dem Schuldigen Geld-
strafen bis zu 90 Mark androhen und, wenn der Schuldige die Handlung oder Unter-
lassung nachträglich dennoch verweigert, die Festsetzung der Strafe durch das Gericht
beantragen. Führt keine dieser Maßregeln zum Ziel, so ist auch die Anwendung
unmittelbaren persönlichen Zwanges, z. B. die Verhaftung des Schuldigen, statthaft.
Besondere Formen der Verhaftung, etwa die sofortige Vorführung vor den Richter, sind
nicht angeordnet; die abweichende Regel der Strafprozeßordnung ist nur für die
Untersuchungs-, nicht für die polizeiliche Zwangshaft gültig; auch die Dauer der Haft
ist unbegrenzt, wenigstens wenn sie vom Kreisrath angeordnet wird, während die vom
Bürgermeister verhängte Haft höchstens 48 Stunden betragen darf.
b) Jede Zwangsmaßregel ist — soweit dies thunlich — vorher anzudrohen unter
Bestimmung einer Frist, binnen deren der Gehorsam erwartet wird. Innerhalb dieser
Frist und noch 10 Tage nach Ausführung der Zwangsmaßregel steht dem Bedrohten
der Rekurs zu, jedoch nur über die Frage, ob die angegriffene Verfügung gesetzmäßig
1) KO., Art. 80, 111; St O., Art. 56, Nr. 3. "
2) Der Wortlaut von StO. 56 ist zweifelhaft: Abs. 2, Nr. 1 spricht vom „Lokalpolizeibeamten“,
Nr. 2, 3 nur vom „Bürgermeister“.