§§ 42 u. 43. Sonstige Einnahmen. Das Budgetrecht des Landtags. 73
V. Hunde= und Nachtigallensteuer ). Die Steuer beträgt 5 Mk.
für den Hund; doch kann jede Gemeinde ebensoviel als Gemeindesteuer zuschlagen; für
jede Nachtigall beträgt sie 5 Mk. Jeder Besitzer muß seinen Besitz anzeigen; sonst ver-
fällt er in eine Strafe des Doppelten der hinterzogenen Steuer.
VI. Daß Verbrauchssteuern in Hessen als Landessteuern nicht bestehen,
seitdem die Weinsteuer aufgehoben ist, wurde bereits S. 63 erwähnt.
§ 42. Sonstige Einnahmen. Besonders wichtig sind die Einnahmen aus dem Staats-
und dem großherzoglichen Hausvermögen, sowie die Ueberweisungen aus den Zöllen und
Steuern des deutschen Reiches und Geldstrafen. Der Wasserfallzins, d. h. die Abgabe,
welche Mühlen in schiffbaren?) Flüssen an den Staat zu leisten haben, ist durch Gesetz
vom 13. Jan. 1892 für ablösbar erklärt.
III. Kapitel.
Das Budgetrecht des Landtages.
§ 43. 1. Die Finanzwirthschaft des Staates wird für je eine Finanzperiode
durch das Finanzgesetz und den Hauptvoranschlag der Staatseinnahmen
und Staatsausgaben geregelt. Das Finanzgesetz wird wie die übrigen Gesetze im
Regierungsblatt verkündet; der Hauptvoranschlag wird dagegen nicht verkündet, obschon
er, wie ein Gesetz, von den Ständen berathen und beschlossen und die Zustimmung der
Regierung auch im Landtagsabschiede festgestellt wird. Die Dauer der Finanzperiode ist
drei Jahres) und beginnt mit dem 1. April?y.
Das Finanzgesetz besteht aus dem eigentlichen Gesetz und einer Beilage. Ersteres bestimmt:
1. den Steuerausschlag der direkten Steuern, 2. die Erhebung der im Hauptvoranschlag genannten
Einnahmen, 3. die Verwendung der Einnahmen zu den in der Beilage verzeichneten Ausgaben,
4. das Betriebskapital der Hauptstaatskasse, sofern es gegen die vorgehende Periode geändert wird.
Die Beilage gibt einen Auszug aus dem Hauptvoranschlage, nämlich die Hauptsummen der Aus-
gaben (Hauptabtheilungen und Kapitel), nicht auch die der Einnahmen. Der Hauptvoranschlag
endlich gibt in größter Vollständigkeit Einnahmen und Ausgaben. Er zerfällt in Ordinarium und
Extraordinarium; zu letzterem gehören unständige Einnahmen und diejenigen Ausgaben, welche aus
den unständigen Einnahmen gedeckt werden sollen. Ordinarium und Extraordinarium zerfallen
wieder in Einnahme und Ausgabe, wobei (abweichend vom Gebrauch des Reichs und Preußens)
darauf nicht gesehen wird, daß Einnahme und Ausgabe in der Gesammtsumme „stimmen“. Beziehen
sich Einnahme und Ausgabe auf denselben Verwaltungszweig, so findet meist die Buchung an der
nämlichen Stelle des Hauptvoranschlags statt, sodaß als Haupt-Posten des Voranschlags nur der
Ueberschuß der Einnahme (z. B. bei den Eisenbahnen) oder der Ausgabe (z. B. bei den Gymnasien)
erscheint. Doch wird diese Art der Buchung nicht gleichmäßig durchgeführt; z. B. erscheinen die
Gerichtskosten unter Einnahme bei den indirekten Auflagen, werden also nicht von den Ausgaben der
Justizverwaltung abgezogen. Die ordentlichen Einnahmen sind gegliedert wie in meiner Darstellung
oben S. 64— 73; die ordentlichen Ausgaben zerfallen in Lasten und Abgänge — Verzinsung und
Tilgung der Staatsschuld — Pensionen — großherzogliches Haus — Landstände — einzelne
Ministerien — Matrikularbeiträge.
2. Kommt das Finanzgesetz zu Stande, so ist es für die Regierung bindend.
Ebenso bindend ist der Hauptvoranschlag und zwar nicht bloß in den Hauptsummen der
Ausgaben, die als Beilage zum Finanzgesetz verkündet werden, sondern in jedem
einzelnen Theile. Dafür stellt das Gesetz vom 14. Juni 1879 eingehende Regeln auf.
So darf die Regierung nicht etwa Gelder, die sie bei einer bestimmten im Voranschlage
bewilligten Ausgabe gespart hat, für eine andere Ausgabe verwenden, es sei denn, daß
eine derartige „Uebertragung“ im Hauptvoranschlage ausdrücklich gestattet ist. Ebenso-
wenig darf sie, wenn sich die Einnahmen irgend eines Verwaltungszweiges höher stellen
3 Ges. v. 4. Sept. u. V. v. 16. Nov. 1874. Ges. v. 29. Dezemb. 1852, V. v. 19. März 1853.
2) Ges. v. 11. Juni 1827. 3) Verf. Art. 67—69. 4) Ges. v. 23. März 1879.