Full text: Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen auf der Thomasschule gesammelt. Erstes Heft. (1)

Andreastag. 85 
Wird darauf irgendwo Geräusch gehört (Tritte, Gebell, 
Gänsegeschnatter), so heiratet das Mädchen in diese Richtung 
hin. (Durch Fritz Siegert lb., von dessen Tante Hel. Escher. 
Aus der Gegend um Schwarzenberg. Erzgebirge.) 
5. Das Abendgebet der ledigen Mädchen heißt in der 
Andreasnacht so: 
Meus, deus, heiliger St. Andreas, 
Ich bitte dich, du wollest mir lassen erscheinen 
Den Herzallerliebsten meinen 
In seiner Gestalt, in meiner') Gewalt, 
In seinem besten Habit, 
Wie er mit mir vorm Altar kniet. 
(Siegert, Schwarzenberg.) 
*) Nicht in seiner Gewalt. Denn dann käme er nicht unter den 
Pantoffel, sondern sie würde ihm unterthan werden. 
6. Dasselbe beten die Mädchen mit dem Zusatz: 
Soll ich leben mit ihm in Freuden, 
Erscheine er mir mit Bier oder Wein; 
Soll ich leben mit ihm in Not, 
Erscheine er mir mit Wasser und Brot. 
(Siegert, Schwarzenberg.) 
Junge Mädchen stellen sich auch vor den Spiegel, vor dem ein 
Glas Wein und ein Glas Wasser steht. Das Bild des Zukünftigen 
wird erscheinen und trinken; wenn er reich sein wird, Wein, wenn er 
arm sein wird, Wasser. (Hahn IV.) 
7. In der Andreasnacht muß man Reiser') von den 
Sträuchern pflücken, ohne dabei zu sprechen oder zu lachen. 
Man muß sie dann ins Wasser stecken. Blühen die Knospen 
zu Weihnachten auf, so bedeutet das Glück. 
(Durch Fr. Siegert, Schwarzenberg.) 
*) Besonders Schwarzdornreiser: Oberl. Dr. Beer. Ebenso von 
Kirschreis: Schilling IV., Werdau. 
8. In der Andreasnacht holen sich die Mädchen Reiser, 
die schweigend und ohne Lachen geschnitten werden müssen. 
Drei werden dann durch farbige Faden gekennzeichnet, welche
	        
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