IV. Präfsidium. Art. 11. 279
lich nicht ausschließt, daß aus Courtoifie die Vertreter der einzelnen
Bundesstaaten von der Reichsverwaltung schon von Anfang an zugezogen
werden.
II. Die Kriegführung.
Nach Art. 11 hat „der Kaiser im Namen des Reichs Krieg zu erklären
und Frieden zu schließen.“
Durch die Worte „im Namen des Reichs“ wird abgesehen von der all-
gemeinen (unter Al S. 268 erörterten) Bedeutung dieser Bestimmung der sich
aus anderen Vorschriften der Reichsverfafsung ergebenden Rechtslage Rechnung
getragen, daß nur für das Reich in seiner Gesamtheit und nicht mehr von
und für einen Einzelstaat Krieg erklärt werden kann. Nach Art. 68 und
53 R.V. steht das Heer und die Flotte im Krieg und Frieden unter dem
Befehle des Kaisers. Soweit bezüglich des Heeres für Bayern durch die
Schlußbestimmung zum Xl. Abschnitt der Reichsverfassung eine Ausnahme
gemacht ist, bezieht sie sich nicht auf den Kriegsfall. Die hierauf gerichtete
Vorschrift des Bündnisvertrages mit Bayern v. 23. Nov. 1870 III B.G. Bl.
1871 S. 9 ff. lautet:
„Das Bayrische Heer bildet einen in sich geschlossenen Bestandteil
des Deutschen Bundesheeres mit selbständiger Verwaltung unter der
Militärhoheit S. M. des Königs von Bayern; im Kriege — und zwar
zi Beginn der Mobilisierung — unter dem Befehle des Bundesfeld-
errn“.
Kein Einzelstaat kann also mehr für Kriegszwecke über die Armee ver-
fügen. Streitigkeiten, die zwischen den Einzelstaaten selbst bestehen, müssen
gemäß Art. 76 Abs. 1 R. V. vom Bundesrat im Wege der richterlichen Ent-
scheidung erledigt werden, und daß der Kaiser nur für einen Einzelstaat,
3. B. Preußen, den Krieg erklärt, ist durch die Fassung des Art. 11 aus-
geschlossen; vgl. Laband 1 S. 186, v. Seydel S. 161, v. Rönne II 2 S. 306,
Arndt S. 704.
Während nach der Norddeutschen Bundesverfassung das Recht des
Kaisers zur Kriegserklärung unbeschränkt war, ist durch Art. 11 Abs. 2 die
Klausel hinzugefügt:
„Zur Erklärung des Krieges im Namen des Reichs ist die Zustimmung
des Bundesrats erforderlich, es sei denn, daß ein Angriff auf das Bundes-
gebiet oder dessen Küsten erfolgt.“
Diese Bestimmung findet sich zuerst in der mit den Großherzogtümern
Baden und Hessen vereinbarten Verfassung des Deutschen Bundes v. 15. Nov.
1870 B.G.Bl. S. 682. Im Reichstage wurde die neue Bestimmung durch
den Präfidenten des Bundeskanzleramts Delbrück mit folgender Erklärung
eingeführt (Sitzung v. 5. Dez. 1870 St. B. S. 70):
„Dieser Zusatz läßt sich unzweifelhaft charakterisieren als eine Ver-
stärkung des föderativen Elements in der Bundesverfassung. Sein wirk-
licher Charakter liegt aber in etwas anderem. Je mächtiger der Bund
wird, je weiter er sich ausdehnt, umsomehr ist es von Interesse, auch dem
Auslande gegenüber in der Bundesverfassung selbst zum Ausdruck zu
bringen, was der Bund ist, nämlich ein wesentlich defenfives Staatswesen.
Dieser Gedanke konnte in keiner zutreffenderen Weise zum Ausdrucke ge-
bracht werden als durch den in dem Art. 11 ausgenommenen Zusatz.“