Full text: Die Verfassung des Deutschen Reichs mit Erläuterungen.

IV. Präfidium. Art. 18. 387 
VII. Die Mitwirkung des Bundesrats bei der Ämterbesetzung. 
Nur der Kaiser, nicht der Bundesrat ernennt nach Art. 18 die Reichs- 
beamten. Der Bundesrat kann also formell keinen Beamten anstellen. 
Dagegen hat er für gewisse Kategorieen von Reichsbeamten Einfluß auf die 
Auswahl von Personen, indem er entweder den Beamten geradezu wählt 
oder wenigstens vor der Ernennung gehört werden muß. Das letztere ist 
durch Art. 36 R.V. für die Bestellung der Reichsbevollmächtigten bei den 
Zoll= und Steuerbehörden und durch Art. 54 R.V. für die Anstellung der 
Konsuln vorgeschrieben. 
Ein Wahlrecht oder Vorschlagsrecht steht dem Bundesrat zu (nach 
der von Laband!! S. 240 gegebenen Zusammenstellung): hinsichtlich der 
Mitglieder des Rechnungshofes nach § 2 des Bundesgesetzes v. 4. Juli 1868 
B. G. Bl. S. 438, ferner der Mitglieder des Reichsgerichts und der Reichsanwalt- 
schaft nach §§ 127, 150 G.V.G., des Bundesamts für das Heimatwesen 
nach § 42 des Bundesgesetzes v. 6. Juni 1870 B. G. Bl. S. 368, der Dis- 
ziplinarkammern und des Disziplinarhofes nach § 983 des Reichsbeamten- 
gesetzes R.G.Bl. 1907 S. 265, der Verwaltung des Reichs-Invalidenfonds 
nach § 11 des Ges. v. 23. Mai 1873 R. G. Bl. S. 120, des Reichsbank- 
Direktoriums nach § 27 Abs. 3 des Reichsbankgesetzes v. 14. März 1875 
R.G.Bl. S. 184, der ständigen Mitglieder des Patentamtes nach § 13 des 
Ges. v. 25. Mai 1877 R. G. Bl. S. 503, der Mitglieder des Reichs-Ver- 
sicherungsamts — mit Ausnahme der von den Gepnossenschaftsvorständen 
und Arbeitervertretern zu wählenden — nach § 11 des Ges. v. 30. Juni 
1900 R.G.Bl. S. 340, des Vorsitzenden der Berufungskammer des Börsen- 
Ehrengerichts nach § 17 Abs. 2 des Börsengesetzes v. 27. Mai 1908 R.G. Bl. 
S. 215. 
VIII. Die Ausführung des Art. 18. 
Die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten bedurften umsomehr einer 
besonderen gesetzlichen Regelung, als sonst das Recht, das in dem Bundes- 
staate gilt, in welchem der Reichsbeamte jeweilig seinen Wohnsitz hat, auf 
ihn angewendet werden müßte und daraus sich für dieselbe Kategorie von 
Beamten eine Rechtsungleichheit ergeben müßte. Diese Regelung ist in 
dem Reichsbeamtengesetz v. 31. März 1873 in der Fassung v. 18. Mai 1907 
R.G.Bl. S. 245 und in einigen, namentlich auf die Einkünfte der Beamten 
bezüglichen Nebengesetzen enthalten. Das Gesetz schließt sich im allgemeinen 
dem preußischen Recht an. Darin liegt keine Imparität, denn abgesehen 
von den Beamten der Post= und Telegraphenverwaltung haben nur sehr 
wenige Reichsbeamte in außerpreußischen Einzelstaaten ihren dienstlichen 
Wohnsitz. Von den Bestimmungen des Reichsbeamtengesetzes fsind außer 
den bereits erwähnten §§ 1 und 2 folgende Vorschriften hervorzuheben. Nach 
§ 3 ist vor dem Dienstantritt jeder Reichsbeamte auf die Erfüllung aller 
Obliegenheiten des ihm übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten. Nach den 
Motiven St. B. 1872 Bd. 1III Nr. 9 S. 71 ist aber die Eigenschaft eines 
Beamten als Reichsbeamten durch die vorherige Ableistung des Eides nicht 
bedingt; vgl. § 45 Abs. 2 des Reichsbeamtengesetzes und § 359 Str.G. B. 
Die Bestimmung des Art. 18, daß der Kaiser die Beamten für das Reich 
vereidigen läßt, ist durch die Verordnung v. 29. Juni 1871 R. G. Bl. 
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