V. Reichstag. Art. 21. 413
II. Die Kosten der Stellvertretung.
über die Frage, ob der in den Reichstag gewählte Beamte die Kosten
seiner Stellvertretung zu tragen hat, entscheiden die besonderen Bedingungen
seines Anstellungsverhältnisses und die allgemeine Dienstpragmatik. Eine
von dem Abg. Gumbrecht im konst. Reichstage St. B. 704 gestellter An-
trag, die Bestimmung anzunehmen, „daß die Beamten nicht verpflichtet
seien, die durch die Versehung ihres Amtes entstehenden Kosten zu tragen“,
wurde auf den Widerspruch des Fürsten Bismarck zunächst als Amende-
ment zum Art. 21 zurückgezogen, und als der Antrag zum Art. 32 in
etwas veränderter Fassung von neuem gestellt wurde, lehnte ihn der
Reichstag ab (St. B. 711). Hieraus ergibt sich nicht mehr, als daß die
Frage durch die Verfassung nicht geregelt ist; ebenso Laband 1 S. 311,
v. Rönne 1 S. 245, v. Seydel S. 197, Arndt S. 139, v. Martitz, Betrach-
tungen über die Verfassung des Norddeutschen Bundes S. 82 A. 77. Die
Reichsbeamten find durch die ausdrückliche Vorschrift des § 14 Abs. 2 des
Reichsbeamtengesetzes von den Stellvertretungskosten befreit. Für Preußen
ist im Verwaltungswege die Frage im gleichen Sinne geregelt, und zwar
durch einen Staatsministerialbeschluß v. 4. Okt. 1867 J. M. Bl. S. 359 und
M. Bl. f. d. in. Verw. S. 326; unter Aufhebung der früheren gegenteiligen
Entscheidung des Staatsministeriums wurde durch diesen Beschluß an-
geordnet, daß die Stellvertretungskosten für die aus Staatsfonds besoldeten
Beamten „bis auf weiteres“ aus Staatsmitteln bestritten werden sollten.
Auch in den anderen Einzelstaaten wird im wesentlichen der gleiche Stand-
punkt eingenommen; vgl. v. Jagemann S. 121.
Dagegen bleibt die Frage für die in den Landtag eines Einzelstaates
gewählten Reichsbeamten offen. Es würde sich empfehlen, daß, wie der
Staatssekretär des Innern Graf Posadowsky-Wehner in der Reichstags-
sitzung v. 13. Mai 1907 St. B. 1598 B C vorgeschlagen hat, in solchem Falle
8 19 des Reichsbeamtengesetzes entsprechend angewendet und daß demzu-
folge, indem man die dort für „die gesetzlichen Vorschriften“ gegebene
Bestimmung auf die reglementarischen Anordnungen ausdehnt, die Reichs-
beamten in dieser Frage nicht ungünstiger als die Beamten des betreffen-
den Einzelstaates behandelt werden.
III. Die zeitliche Dauer des Rechts.
In neuerer Zeit ist die Frage praktisch geworden, ob sich die durch
Art. 21 Abs. 1 festgesetzte Befreiung der Beamten von ihren Dienstpflichten
auch auf die Zeit der Vertagung bezieht. Die Reichspostverwaltung, die
beteiligt war, hat den Standpunkt eingenommen, daß der Beamte ver-
pflichtet sei, während der Vertagung seine Amtspflichten zu erfüllen; sie
hat allerdings in dem schwebenden Falle von dem in Anspruch genommenen
Recht, den Beamten zur Dienstleistung heranzuziehen, keinen Gebrauch
gemacht. Der Ansicht, daß Art. 21 Abs. 1 sich nicht auf den Zeitraum
der Vertagung bezieht, ist mit Rücksicht auf die ratio legis beizutreten.
Durch Art. 21 sollte der Grundsatz der passiven Wahlfähigkeit der Beamten
gegen die Eventualität sicher gestellt werden, daß die vorgesetzten Dienst-
behörden durch Berufung auf die Refidenz= und Amtspflichten der Beamten