VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 36. 505
Urt. v. 1. Juli 1881 Bd. 5 S. 34 ff., insbes. S. 42f.) hat aus dieser Tat-
sache den Schluß gezogen, daß Ansprüche wegen angeblicher Ungesetzlichkeit
der Verfügungen von Zollbehörden auf Erstattung der mit Unrecht erhobenen
Zollerträge nicht gegen den Reichsfiskus, sondern gegen den Fiskus des
Staates zu richten find, in dessen Kassen diese Zölle geflossen sind; ebenso
Laband IV S. 335, v. Rönne II2 S. 97, Arndt S. 393.
Ausführungsvorschriften über die Organisation der Zoll= und Steuer-
verwaltung sind von Reichswegen durch Art. 19 des Zollv.-Vertr. v. 8. Juli
1867 gegeben. Die Bestimmung hat, wie Delbrück a. a. O. S. 81 mit
Recht bemerkt, verfassungsrechtlichen Charakter, soweit sie das Recht zur
Ernennung des Personals bei den Lokal= und Bezirksstellen den Landes-
regierungen vorbehält und die Organisation der Behörden nach dem Grund-
satz der Dreiteilung in Lokalbehörden, Oberbehörden und Ministerialinstanz
festlegt. Dieses System ist übrigens auch für die Durchführung der Erb-
schaftssteuer im § 33 des Ges. v. 3. Juni 1906 zur Bedingung gemacht.
Innerhalb dieser allgemeinen Grundsätze haben die Einzelstaaten freie Hand;
sie organisieren die Behörden, bestimmen ihren Geschäftskreis, ihre örtliche
und sachliche Zuständigkeit, den Instanzenzug für die einzelnen Geschäfte, die
Rang-, Gehalts= und Disziplinarverhältnisse der Beamten; vgl. Laband IV
S. 424, 426. Die Bindung der Einzelstaaten erstreckt sich nur auf die Drei-
teilung und insbesondere darauf, daß das betreffende Ressortministerium, in
der Regel das Finanzministerium, die letzte Instanz bleiben muß. Ein
bei Beratung des Gesetzentwurfs betr. die Abänderung des Zurckersteuer-
gesetzes im Reichstag gestellter Antrag, es möge die Entscheidung über die
Zuteilung des Kontingents nicht der obersten Verwaltungsbehörde der Ver-
waltung der indirekten Steuern, sondern in Preußen dem Oberverwaltungs-
gericht übertragen werden, würde deshalb mit dem durch die Verfassung
festgelegten Rechtszustande nicht im Einklange stehen — vgl. die Erklärung
des Staatssekretärs des Reichsschatzamts Graf v. Posadowsky-Wehner St.B.
der 9. Leg.-Per. Sess. 4 S. 2296. Auch die Vorbildung der Zollbeamten
ist ausschließlich Sache der Einzelstaaten. Dem Reich würde, wie der
Staatssekretär des Reichsschatzamts Frhr. v. Stengel in der Reichstagssitzung
v. 3. Mai 1904 St. B. 2611 A bemerkte, das Recht zur Einwirkung nur
zustehen, wenn auf die behauptete Unzulänglichkeit der bestehenden Ein-
richtungen der Vor= und Ausbildung Mängel bei der Gesetzgebung des
Reichs zurückzuführen sein sollten. Daß die Einzelstaaten in Ansehung der
Zahl der Amter und ihrer Besetzung freie Hand haben, ist durch Art. 16
Abs. 3 des Zollv.-Vertr. besonders bestimmt. Dies gilt aber nach Delbrück
a. a. O. S. 68 nicht für die Uberwachung der Auslandsgrenzen; für sie setzt
vielmehr, weil das Reich für die Grenzüberwachung und die Zollerhebung
im Grenzbezirk nach Art. 38 R.V. die Kosten trägt, der Bundesrat unter
Berücksichtigung der in den betreffenden Einzelstaaten bestehenden Organisation
der Zoll= und Steuerbehörden die Zahl der Behörden und Beamten nach
Maßgabe des tatsächlichen Bedarfs fest.
Eine weitere Konsequenz des im Art. 36 Abs. 1 enthaltenen Grund-
satzes besteht darin, daß die Einzelstaaten für die von ihren Beamten bei
der Erhebung und Verwaltung der Zölle, Steuern und Stempel verursachten
Defekte gemäß Art. 16 Abs. 2 des Zollv.-Vertr. haften. Die dort an-
gewendete Bezeichnung „Dienstuntreue“ ist nach Delbrück a. a. O. S. 78