510 VI. Zoll- und Handelswesen. Art. 38.
A. Der Anspruch der Reichskasse auf die Zoll= und Steuererträge.
B. Die Abzüge.
I. Die Zoll= und Steuervergütungen.
II. Die Entschädigung der Einzelstaaten für die Erhebungs= und Ver-
waltungskosten.
a) Das Motiv des Abzugs.
b) Die Kosten der Zollverwaltung.
Jc) Die Kosten der Steuerverwaltung.
A. Der Anspruch der Reichskafsse auf die Boll- und Steuererträge.
Die Bestimmung des Art. 38 hat ihr Vorbild im Art. 11 des Zollv.=
Vertr. Jedoch besteht der den staatsrechtlichen Charakter des Zollvereins
einerseits und den des Reichs andererseits kennzeichnende Unterschied, daß
im Zollverein der Ertrag der Abgaben zwischen den Vertragsstaaten nach
dem Verhältnis der Bevölkerung ihrer der gemeinschaftlichen Gesetzgebung
unterworfenen Gebiete verteilt wurde, während im Reiche der Ertrag der
Abgaben in die Reichskasse fließt, natürlich mit der mittelbaren Wirkung,
daß die beteiligten Staaten nach demselben Maßstab wie im Zollverein
daran teilnahmen.
Von diesen Einnahmen wird ein erheblicher Teil, nämlich die Rein-
einnahme aus der Branntweinsteuer gemäß § 5 des Ges. v. 15. Juli 1909
R.G.Bl. S. 743 den Einzelstaaten nach dem Maßstab der Bevölkerung, mit
der sie zu den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, überwiesen, und
von dem Rohertrage der Erbschaftssteuer erhält das Reich nur /, während
u¼ den Einzelstaaten bleibt. Jedoch ist die Reichskasse den Einzelstaaten
wie dem steuerzahlenden Publikum gegenüber der zur Erhebung und Ver-
einnahmung der Steuer allein berechtigte Gläubiger. Die Uberweisung an
die Bundesstaaten berührt nur den internen Rechnungsverkehr zwischen dem
Reich und den Einzelstaaten. Das Reich beansprucht die Uberweisungssteuern
ebenso wie die der Reichskasse bleibenden Zölle und anderen Steuern aus
eigenem Recht, nicht als Vertreter der Landeskassen; vgl. Art. 70 R.V.
Infolgedessen erscheinen im Reichsetat auch die Überweisungssteuern als
Einnahme; sie werden andererseits unter Abschnitt IX „Reichsschatzamt“ als
Ausgabe gebucht. Für die Einzelstaaten bilden die Überweisungen keine
eigenen Einnahmen aus dem staatlichen Besteuerungsrecht, sondern eine
Dotation seitens des Reichs und deshalb erscheinen z. B. im preußischen
Etat die Uberweisungen nicht bei den indirekten Steuern, sondern bei der
allgemeinen Finanzverwaltung; vgl. Schwarz und Strutz 1 4 S. 1281 § 1.
Durch die Worte „soweit sie der Reichsgesetzgebung unterliegen“ ist
einmal dem im Art. 35 vorgesehenen Biersteuer-Reservat der Süddeutschen
Staaten Rechnung getragen, das sich nach Ziff. 2 des badisch-hessischen
Protokolls und Ziff. X des bayrischen Schlußprotokolls auch auf die Über-
gangsabgabe bezieht, ferner der Tatsache, daß nach den durch Art. 40 R.V.
in Kraft erhaltenen Bestimmungen des Zollv.-Vertr. den Kommunen in
beschränktem Grade ein Besteuerungsrecht bezüglich einiger der im Art. 35
bezeichneten Verbrauchsgegenstände geblieben ist; vgl. Art. 33 VI S. 486 f.
und Art. 35 III b. 4 S. 499. Bezüglich des Bieres ist dies im § 58 des
Brausteuergesetzes v. 15. Juli 1909 R.GG. Bl. S. 791 anerkannt.